Ottilienkapelle (Eppingen)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Maßwerkteile aus dem ehem. Dominikanerkloster

ID: 206232602617  /  Datum: 12.01.2016
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: keine
Hausnummer: keine
Postleitzahl: 79098
Stadt-Teilort: Freiburg

Regierungsbezirk: Freiburg
Kreis: Freiburg im Breisgau (Stadtkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8311000001
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Bei den archäologischen Grabungen auf dem Gelände des ehem. Freiburger Dominikanerklosters 2007/2008 wurden fünf Bruchstücke mittelalterlicher Fenstermaßwerke gefunden, welche aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gerissen, zerschlagen und im 16. Jahrhundert als Untergrundbefestigung eine neue Verwendung gefunden hatten.

Die Bruchstücke ließen sich zwei Maßwerken zuordnen, von denen das eine weitestgehend und das andere zumindest teilweise zeichnerisch rekonstruiert werden konnten. Stilistisch können sie in die Zeit um oder die Jahrzehnte nach 1300 datiert werden. Ihrer Fundstelle nach zu schließen, dürften sie von einem der Gebäude des ehemaligen Dominikanerklosters stammen. Die Größe der Maßwerke legt eine Herkunft von der Klosterkirche nahe, doch der Bau des Langhauses erfolgte noch vor Mitte des 13. Jahrhunderts und der Chorbau erfuhr seine Vollendung in den frühen 1280er Jahren, womit sie deutlich vor der Datierung der Maßwerke fertiggestellt war (Sauer 1925, S. 113; Schlippe 1970, S. 118; Jenisch/Kalchthaler 2011, S. 36). Zwar lassen urkundliche Nennungen für das Jahr 1345 einen Brand der Klosterkirche vermuten (Sauer 1925, S. 113 und 118f), doch kann dieser wegen des reichen, bis heute erhaltenen Bestands an Fensterscheiben aus der Klosterkirche wenig desaströs gewesen sein und kaum eine Erneuerung der Maßwerkfenster notwendig gemacht haben (Becksmann 2010, S. 525-562). Zudem passen die der Dominikanerkirche zugeschriebenen Fensterscheiben nicht mit den rekonstruierten Maßwerken zusammen, da sie ganz erheblich breiter als die 43 cm messenden Bahnen sind.
Die Maßwerke könnten auch aus anderen Bauteilen des Klosterkomplexes herrühren, wie etwa Refektorium oder Kreuzgang. Der Kreuzgang müsste einen großzügiger proportionierten Flügel besitzen, als jenens in historischen Fotografien dokumentierte Teilstück mit seinen sehr kleinen Öffnungen. Wie bereits in „Weihrauch & Pulverdampf“ (Jenisch/Kalchthaler 2011, S. 36) vorgeschlagen, könnten die Fenster zu der einst neben dem Chor befindlichen geräumigen und gewölbten Kreuzkapelle, die als Sakristei diente, gehört haben. Sie erfuhr ihre erste urkundliche Erwähnung 1309 (Sauer 1925, S. 116) oder bereits 1291 (Becksmann 2010, S. 528). Als der oberhalb des Refektoriums des Klosters gelegene Kaisersaal um 1564 einen Nutzungswandel erfuhr und vermutlich in diesem Zusammenhang eine neue Außentreppe erhielt, kamen die Bruchstücke zur notwendigen Befestigung in den Untergrund (Jenisch/Kalchthaler 2011, S. 53).
So interessant und wertvoll die Bruchstücke für bauhistorische Betrachtungen sein mögen, so wenig nützlich waren sie auf der Baustelle, da mit den unförmigen und ausgehöhlten Brocken kaum etwas anzufangen war. Sie müssen für die Auffüllung des Treppenunterbaus daher gerade zur Hand gewesen sein und wurden wohl kaum für eine Weiterverwendung längere Zeit aufbewahrt oder eigens herangeschafft. Auch ein damit verbundener Gebäudeabriss dürfte ausgeschlossen sein, weil in einem solchen Fall genügend besseres Material zur Verfügung gestanden hätte. Aus diesen Überlegungen kann mit Vorbehalt gefolgert werden, dass zur gleichen Zeit, als der Kaisersaal einen Umbau erfuhr, die Maßwerke aus den Fenstern gebrochen wurden, um mehr Licht einfallen zu lassen oder die Fenster in eine zeitgemäße Form zu bringen.


1. Bauphase:
(1300 - 1350)
Konstruktion der Maßwerkfenster.
Stilistisch können sie in die Zeit um oder die Jahrzehnte nach 1300 (s) datiert werden.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Abbildungsnachweis
Maßwerkteile aus dem ehem. Dominikanerkloster in 79098 Freiburg, Altstadt (12.01.2016 - Stefan King)
Abbildungsnachweis
Maßwerkteile aus dem ehem. Dominikanerkloster in 79098 Freiburg, Altstadt (12.01.2016 - Stefan King)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Zeichnerische Rekonstruktion

Beschreibung

Umgebung, Lage:
keine Angaben
Lagedetail:
keine Angaben
Bauwerkstyp:
keine Angaben
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Fragmente von Maßwerkfenstern
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
keine Angaben
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
keine Angaben
Bestand/Ausstattung:
keine Angaben

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Verwendete Materialien
    • Stein
Konstruktion/Material:
Die Buchstücke sind aus einem orangerötlichen, grobkörnigen Buntsandstein gehauen, wie er in den Steinbrüchen bei Heimbach gewonnen wurde. An allen Teilen lässt sich eine dünne, auffällig helle Gesteinsschicht beobachten, die etwa parallel mit nur leichter Neigung zur früheren Außen- bzw. Innenseite verläuft, wonach alle Teile zu einem einzigen Werkstück gehört haben oder die Rohblöcke im Steinbruch aus ein und derselben Schicht unmittelbar nebeneinander gewonnen worden sein müssten.
Die Profilierung aller Bruchstücke ist maßlich identisch und setzt sich aus einer flachen Kehle jeweils auf Außen- und Innenseite sowie einem schmalen Glasfalz nahe der Mittelachse zusammen.
Ausgezogene Nasen messen davon genau die Hälfte in Höhe und Breite. Demzufolge entstammen alle fünf Bruchstücke einem gemeinsamen Zusammenhang und waren entweder Teil eines einzigen Fenstermaßwerks oder haben zu mehreren zusammengehörigen Fenstern gehört. Das kleinste Bruchstück war Teil des Randbogens und kombiniert nur eine einseitige Profilierung mit einem grob ausgearbeiteten breiten Rücken, welcher einst in eine entsprechende Nut im Fensterbogen eingriff.
Drei der Bruchstücke weisen stumpfe Profilenden mit einer ausgearbeiteten Nut von etwa 3,5 cm x 2,5 cm auf. Es handelt sich um die unteren Maßwerkenden, die auf freistehenden Fensterstäben standen. Die Nut war für eine Eisenstange in Kämpferhöhe vorgesehen, die vermutlich auch oberseitig in die Stäbe eingelassen war. Sofern die Eisenstange etwa der Breite der Nut entsprochen hat, müsste es sich um einen ins Mauerwerk eingelegten Eisenanker gehandelt haben, der die Fensteröffnung durchlief und hier zugleich die Funktion eines Windeisens wahrnahm.
Außer den genannten Profilenden lassen die Stücke an keiner Stelle Spuren von Stoßfugen innerhalb des Maßwerkgefüges erkennen. Weder Steinmetzzeichen noch Versatzzeichen waren zu finden.
An einem der Bruchstücke war die Aussparung einer ganz besonders flachen Vierung von nur etwa 2 cm Stärke nachweisbar, deren Rücklage kleine Aufpickungen trägt. Angesichts der geringen Stärke kann es sich nur um eine Klebung gehandelt haben, von deren Klebemasse jedoch keine Reste mehr vorhanden sind.
Innerhalb der Glasfälze finden sich kleine quadratische Löcher geringer Tiefe, in denen dünne Windstangen zur Stabilisierung der Verglasung steckten. Die Löcher liegen bündig zur Anschlagfläche der Fälze. Ihre Verteilung ließ kein schlüssiges Schema erkennen.
Rekonstruktion:
Von den fünf Bruchstücken konnten drei an ihren Bruchkanten zu einem zusammenhängenden Maßwerkstück zusammengesetzt werden. Sie umfassen einen vollständigen Lanzettbogen, während sich die beiden seitlichen und jene des weiteren Bruchstücks in ihren Maßen gut nachvollziehen lassen. Sie alle hatten einst genau dieselbe Breite, wonach die einzelnen Fensterbahnen 43 cm im Lichten und etwa 45 cm im Glasfalz maßen.
Die sich durch alle Bruchstücke ziehende helle Gesteinsschicht ließ zunächst vermuten, alle Bruchstücke seien Bestandteile einer einzigen großen Platte gewesen. Ein Zusammensetzen der vorhandenen Bruchstücke hätte – Symmetrie vorausgesetzt – zu einem Maßwerk in der Breite von mindestens sieben bzw. acht Bahnen geführt, je nachdem, ob die drei Bögen des zusammengesetzten Stücks oder die des anderen Bruchstücks in die Mitte genommen werden, was zu einer ungeraden oder geraden Zahl von Bahnen führt. Dies hätte einer Fensteröffnung von wenigstens 4 bzw. 4,6 m entsprochen. Dazu passend weist das Randstück einen besonders flachen Bogen auf, doch ist das Bruchstück zu kurz, um aus der Messung des Stichmaßes den Kreisradius verlässlich berechnen zu können. Mit einer Breite des Fensters von sieben bzw. acht oder noch mehr Bahnen hätte es sich nur um das Westfenster der Klosterkirche handeln können. Die Herstellung einer Maßwerkplatte dieser Dimension an einem Stück wäre in baukonstruktiver Hinsicht außerordentlich gewesen und der mehrfache Wechsel zwischen gänzlich unterschiedlichen Spitzbogenformen – gleichseitig, gleichseitig gestelzt, stark überhöht – innerhalb eines einzigen Fensters müsste als ungewöhnlich gelten, sodass es naheliegend ist, die Bruchstücke mehreren kleineren Fenstermaßwerken zuzuordnen, deren Rohlinge im Steinbruch aus der gleichen Schicht gebrochen worden sein müssen.
Maßwerk mit großem Dreipass:
Das aus den drei zusammenpassenden Bruchstücken sich ergebende Maßwerk weist einen gleichseitigen, leicht gestelzten Spitzbogen in der Mitte und stark überhöhte Spitzbögen zu dessen
beiden Seiten auf, die zusammen einen großen, genasten Dreipass trugen. Die Form der beiden stark überhöhten Spitzbögen dürfte am ehesten daher rühren, dass ihr jeweils außenliegender Bogenlauf ein Stück weit mit dem Randbogen identisch war und durch Spiegelung desselben die extreme Spitzform entstand. Verlängert man diese äußeren Bogenläufe zeichnerisch nach oben bis sie sich schneiden, entsteht ein leicht gedrückter Spitzbogen, den der zeichnerisch ergänzte große Dreipass perfekt ausfüllt. Damit wäre die Rekonstruktion für eine Öffnung von etwa 170 cm Breite und 140 cm Bogenhöhe schon fast komplett, doch mussten zu deren Komplettierung an zwei Stellen mehr oder weniger freie Ergänzungen vorgenommen werden.
Während der mittlere gestelzte Lanzettbogen nur einfache Nasen aufwies, gab es in den seitlichen Bögen eine differenziertere Füllung, deren übrig gebliebene Ansätze die genaue Form nicht erschließen ließen. In Anlehnung an den leicht kielbogenförmig angespitzten Scheitel der mittleren Lanzette, der in einen Zwickel des großen Dreipasses stößt, wurden die seitlichen Lanzettbögen in ähnlicher Weise mit in kleine Dreipässe stoßenden Spitzen rekonstruiert. Es fiel auf, dass die Kreismittelpunkte für die Lanzettfüllungen nicht auf Höhe der Lagerfuge, sondern auf Höhe der Oberkante der Ankereisen zu liegen kommen, weil ihre unteren Nasenansätze andernfalls gestört worden wären.
Dem obersten Nasenbogen des unteren Passes im großen Dreipass liegt kein Kreisbogen zugrunde, sondern er ist zu einer Spiralform verzerrt, offenbar um kleinere Unregelmäßigkeiten an anderen Stellen auszugleichen. Bei der zeichnerischen Rekonstruktion ergab sich im Zentrum des großen Dreipasses ein Leerraum, der in freier Ergänzung mit an den nach innen gerichteten Spornen ansetzenden Lilien gefüllt wurde.
Da das Maßwerk aus einer einzigen großen Steinplatte gehauen worden war, mutet es seltsam an, dass von den beiden untersten Nasen des großen Dreipasses die rechte mehr schlecht als recht durchbohrt ist, während die linke erst gar keinen Durchbruch aufweist, gerade so, als wäre der Versuch rechts misslungen und daraufhin links unterblieben. Am Helm des Freiburger Münsters sind kleine Asymmetrien dieser Art zwar sehr häufig, doch sind die großen Maßwerke dort aus vielen Teilen zusammengefügt und von mehreren Steinmetzen ausgeführt worden (aus der laufenden Arbeit des Verf.).
Über dem Dreipass gibt es eine seltsam in gerader Linie verlaufende Ausarbeitung, die in Ermangelung einer anderen Erklärung wohl als bauzeitliche Anfügung, sei es als Reparatur einer Buchstelle oder als Ergänzung einer Fehlstelle im Rohblock, in Form eines separaten oder eingeklebtes Stücks, gewertet werden muss.
Maßwerk mit zwei Okuli:
Ein weiteres großes Bruchstück lässt in symmetrischer Anordnung zwei Lanzettbögen in der Form gleichseitiger Spitzbögen und darüber einen Okulus mit einbeschriebenem Dreipass erkennen. Da das Bruchstück in einer Reihe mit dem oben beschriebenen Maßwerk gestanden haben muss, ist davon auszugehen, dass es ein Bogenfeld gleicher Form ausfüllte und ebenfalls dreibahnig war. Durch die achssymmetrische Anordnung von Lanzettbögen und Okulus ist es unerheblich, ob das Bruchstück dabei Teil der rechten oder der linken beiden Lanzetten war.
Einer der kleinen Pässe ist am schräg nach unten weisenden Scheitel mittels einer Kerbe ganz leicht angespitzt. Ob diese Kerben jeweils nur am Scheitel oder mehrfach vorhanden waren, ist nicht nachweisbar, doch schienen Kerben nach allen orthogonalen Richtungen für die zeichnerische Rekonstruktion am plausibelsten.
Okuli und Randbögen berührten sich nur ganz peripher. Für die Füllung des übrigen Bogenfelds oberhalb der Okuli gibt es keine Hinweise. Einerseits würde ein weiterer Okulus gleicher Größe darin genau Platz finden, andererseits gibt es noch das Bruchstück des Randprofils, für das ein Platz gesucht werden muss. Aufgrund von Stärke und Neigung der charakteristischen weißen Gesteinsschicht müsste es zum rechten Randbogen gehört haben, könnte andernfalls aber auch von einem dritten Maßwerk herrühren, dessen Rohblock wiederum in der gleichen Schicht im Steinbruch unmittelbar daneben gelegen haben könnte. Unter der Annahme der Zugehörigkeit des Randstücks ergäben sich mehrere Möglichkeiten der Füllung der übrigen Fläche, wobei die oberen Ränder der gesuchten Form mit dem Randbogen identisch gewesen wären und die vergleichsweise große Nase auf eine weniger kleinteilige Struktur als die der Dreipässe verweist.
Von einer spekulativen zeichnerischen Lösung wurde abgesehen.

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