Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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"Sankt Antoni - Haus"

ID: 201478889112  /  Datum: 30.05.2016
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Herrenstraße/Salzstraße
Hausnummer: 62/51
Postleitzahl: 79098
Stadt-Teilort: Freiburg

Regierungsbezirk: Freiburg
Kreis: Freiburg im Breisgau (Stadtkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8311000001
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Das St. Antoni-Haus und seine Giebelbekrönung scheinen auch in früheren Jahrhunderten das Stadtbild nur wenig geprägt zu haben. Die seit dem 16. Jahrhundert entstandenen Stadtansichten geben das Haus samt Giebelbekrönung nur gelegentlich und dann teilweise grob verzeichnet wieder.
Eine erste Ansicht des St. Antoni-Hauses bietet eine kolorierte Zeichnung der Stadt, die um 1580 datiert wird. Hier ist ein traufständiges Haus mit Dachreiter wiedergegeben. Ebenfalls traufständig steht es in einer um 1706/13 datierten Federzeichnung.
Dagegen zeigen die beiden Kupferstiche von Gregorius Sickinger aus dem Jahre 1589 ein giebelständiges Gebäude mit Dachreiter. Der kleinere Sickingerstich gibt sogar einen basilikalen Baukörper mit Seitenschiff und Obergaden wieder. Diesen Darstellungen folgt die Merian-Ansicht von 1644.

Wichtigstes Ergebnis der Analyse des Westgiebels des Hauses Herrenstraße 62/ Salzstraße 51 ist die Feststellung eines weitestgehend original erhaltenen Giebels des frühen 14. Jahrhundert. Der steinerne Glockengiebel, einst vermutlich als Notlösung statt des üblichen hölzernen Dachreiters errichtet, ist heute der einzige seiner Art in Freiburg. Die qualitätvolle Ausführung könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Werksteine von der Münsterbauhütte geliefert worden sind.

Die im Folgenden zusammengefasste Baugeschichte ergab sich aus der Analyse der Baubefunde im Giebel unter Berücksichtigung der sichtbaren Baubefunde im Keller und einiger bildlicher und schriftlicher Quellen.
Angefügt an einen älteren Steinbau (Bauphase I, 12. Jahrhundert?) auf dem südöstlichen Nachbargrundstück Oberlinden 1. entstand ein Steinbau auf der Parzelle Herrenstraße 62/ Salzstraße 51 (Bauphase II). Der unterkellerte und mit seiner Schmalseite an der Salzstraße legende Baukörper überbaute vermutlich zunächst nur Zweidrittel des Grundstücks.
In einer dritten Bauphase entstand dann das noch heute weitgehend erhaltene traufständige, dreigeschossige Gebäude, das das gesamte Grundstück umfasst und damit Straßenfassaden zur Herren- und Salzstraße aufweist. Sein Westgiebel zeigt ein kleines sandsteingefasstes Giebelfenster und eine Giebelbekrönung mit einem um 1300 zu datierenden Maßwerk (Bauphase III). Durch die fragmentarisch erhaltene Firstpfette und fünf Gerüsthölzer dürfte diese Phase auch dendrochronologisch datierbar sein. Die Errichtung des Glockengiebels steht im Zusammenhang mit der Ende des 13. Jahrhunderts erfolgten Niederlassung des Antoniterordens in diesem Haus. Seit spätestens 1347 wird es urkundlich nachweisbar St. Anthonin-Haus genannt.
Durchbrüche in der nordwestlichen Brandmauer bezeugen, dass die Antoniterpräzeptorei die zwei Grundstücke Herrenstraße 60-62/Salzstraße 49-51 nutzte.
Eine erste Aufstockung des nördlichen Giebelteils (Bauphase IV) sollte möglicherweise den frei aufragenden Glockengiebel stabilisieren. Eine zweite Erhöhung des Giebels (Bauphase V) hängt mit dem Aufschlagen eines neuen, dreistöckigen und sehr qualitätsvollen Dachwerks zusammen, das weitgehend original erhalten ist. Möglicherweise spiegelt sich in diesem Umbau die Umwidmung der Antoniterpräzeptorei zu einem städtischen Pfründhaus im 17. Jahrhundert wieder. Schon ein Jahrhundert zuvor war die nordwestliche Hälfte des Doppelgrundstücks abgetrennt worden und wurde nun als Wirtshaus „zum roten Ochsen“ genutzt. Ein heute nicht mehr vorhandener Flügelbau des Wirtshauses nutzt die Giebelmauer als Rückwand, in der die Balken des Pultdachs eingelassen waren (Bauphase VI). Da das Giebelfenster von ihm verdeckt wurde, mauerte man es zu.
Spätestens nach dem Abriss des benachbarten Flügelbaus sicherte man den frei aufragenden Giebel durch Zuganker, die ihr Widerlager im östlichen Giebel hatten (Bauphase VII).
Spätere Veränderungen am Giebel sind anhand der verwendeten Industrieprodukte datierbar (Zementputz, Eisendübel; Bauphase VIII).

Historische Daten:

1290 (um) Niederlassung des Antoniterordens (Widmann 2006)
1298 Haus der Antoniter in der Salzstraße (Henze 2006)
1300 (um) Maßwerkgiebel
1325 "Spitalmeister" urkundlich belegt (Kalchthaler 2006)
1347 "ze sant Anthonin, (Flamm 1903)
1473 - 1510 Ze Sant Anthonin, Heimzli Lempi, 15 Pf. (1.Herrschaftsrechtbuch)
1541/42 städtische Spitalpfleger (Kalchthaler 2006)
Teilung des Anwesens in Antoniterhaus und Wirtshaus "zum roten Ochsen"
1565 "St. Anthonin vom Haus zu St. Anthonien und dem Wirtshaus zum Ochesn dran
(Herrschaftsrechtbuch)
1630/40 Aufgabe des Klosters wegen zu großer Schuldenlast und Umwandlung in ein
städtisches "Pfündhaus für bedürftige treue Dienstboten" (Kalchthaler 2006)
1725 Neuweihe der Kirche als Filialkirche des Münsters (Kalchthaler 2006)
1775 "Das St. Anthoni-Pfründhaus vom St. Anthoni-Haus 1 Kr. 3 Pf. (5.Herrschaftsrechtbuch)
1790 Profanierung der ehemaligen Klosterkirche (Kalchthaler 2006)
1803 St. Anton, Stiftungshaus, (Flamm 1903)
1808 Schreinermeister Engelbert Schmitz kauft das zuvor für Einquatierungen genutzte Haus für 5.000 Gulden (Kalchthaler 2006)


1. Bauphase:
(1100 - 1199)
Angefügt an einen älteren Steinbau (Bauphase I) auf dem südöstlichen Nachbargrundstück Oberlinden 1 entstand ein Steinbau auf der Parzelle Herrenstraße 62/ Salzstraße 51 (Bauphase II). Der unterkellerte und mit seiner Schmalseite an der Salzstraße legende Baukörper überbaute vermutlich zunächst nur Zweidrittel des Grundstücks.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

2. Bauphase:
(1200 - 1299)
In einer dritten Bauphase entstand dann das noch heute weitgehend erhaltene traufständige, dreigeschossige Gebäude, das das gesamte Grundstück umfasst und damit Straßenfassaden zur Herren- und Salzstraße aufweist.
Errichtung des Glockengiebels Ende des 13. Jahrhunderts.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

3. Bauphase:
(1298)
1298 Haus der Antoniter in der Salzstraße (a).
Betroffene Gebäudeteile:
keine

4. Bauphase:
(1500 - 1599)
Die nordwestliche Hälfte des Doppelgrundstücks wurde abgetrennt und wurde nun als Wirtshaus „zum roten Ochsen“ genutzt.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

5. Bauphase:
(1541 - 1542)
Teilung des Anwesens in Antoniterhaus und Wirtshaus "zum roten Ochsen".
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Bauwerkstyp:
  • Anlagen für Handel und Wirtschaft
    • Gasthof, -haus

6. Bauphase:
(1600 - 1699)
Eine erste Aufstockung des nördlichen Giebelteils (Bauphase IV) sollte möglicherweise den frei aufragenden Glockengiebel stabilisieren. Eine zweite Erhöhung des Giebels (Bauphase V) hängt mit dem Aufschlagen eines neuen, dreistöckigen und sehr qualitätsvollen Dachwerks zusammen, das weitgehend original erhalten ist.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

7. Bauphase:
(1630 - 1640)
Aufgabe des Klosters wegen zu großer Schuldenlast und Umwandlung in ein städtisches "Pfündhaus für bedürftige treue Dienstboten". (a)
Betroffene Gebäudeteile:
keine

8. Bauphase:
(1800 - 1899)
Ein heute nicht mehr vorhandener Flügelbau des Wirtshauses nutzt die Giebelmauer als Rückwand, in der die Balken des Pultdachs eingelassen waren (Bauphase VI). Da das Giebelfenster von ihm verdeckt wurde, mauerte man es zu.

Spätestens nach dem Abriss des benachbarten Flügelbaus sicherte man den frei aufragenden Giebel durch Zuganker, die ihr Widerlager im östlichen Giebel hatten (Bauphase VII).
Betroffene Gebäudeteile:
keine

9. Bauphase:
(1900 - 1999)
Spätere Veränderungen am Giebel sind anhand der verwendeten Industrieprodukte datierbar (Zementputz, Eisendübel; Bauphase VIII).
Betroffene Gebäudeteile:
keine

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

"Sankt Antoni - Haus" in 79098 Freiburg, Altstadt (30.05.2016)
"Sankt Antoni - Haus" in 79098 Freiburg, Altstadt
"Sankt Antoni - Haus" in 79098 Freiburg, Altstadt (30.05.2016)
"Sankt Antoni - Haus" in 79098 Freiburg, Altstadt (30.08.2008)
"Sankt Antoni - Haus" in 79098 Freiburg, Altstadt (30.05.2016)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Auswertung und Dokumentation der bauhistorischen Untersuchung

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Das dreigeschossige St. Antoni-Haus (Salzstraße 51/ Herrenstraße 62) steht traufständig zwischen Herren- und Salzstraße im Südosten der Freiburger Altstadt. Das Grundstück verengt sich nach Osten zur Straßengabelung Oberlinden. Die gesamte Parzelle ist überbaut und teilunterkellert, ein Hof ist nicht vorhanden.
Nach Osten schließt sich das Eckhaus Oberlinden 1. zwischen Herren- und Salzstraße an, im Nordwesten und Norden liegen die Bauten Salzstraße 49 und Herrenstraße 60 mit einem gemeinsamen Hof.
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Stadt
Bauwerkstyp:
keine Angaben
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
keine Angaben
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
keine Angaben
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
keine Angaben
Bestand/Ausstattung:
Wichtigstes Ergebnis der Analyse des Westgiebels des Hauses Herrenstraße 62/ Salzstraße 51 ist die Feststellung eines weitestgehend original erhaltenen Giebels des frühen 14. Jahrhundert. Der steinerne Glockengiebel, einst vermutlich als Notlösung statt des üblichen hölzernen Dachreiters errichtet, ist heute der einzige seiner Art in Freiburg. Die qualitätvolle Ausführung könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Werksteine von der Münsterbauhütte geliefert worden sind.

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
keine Angaben
Konstruktion/Material:
Ältere Baubefunde (Bauphase I-II)

Befund:
Ältere Baubefunde sind im weitgehend unverputzten Keller erkennbar. Dort findet sich in der Ostmauer ein älteres Mauerwerk, gestört durch einen Backsteinbogen und unterfangen von einer Bruchsteinmauer mit den Negativabdrücken senkrechter Unterfangungshölzer. In der westlichen Kellermauer sind keine eindeutigen Abtiefungsspuren vorhanden. Stattdessen ist dort in beiden Kellergeschossen ein nachträglich eingebrochener Durchgang nach Westen nachweisbar, wie er sich auch im ersten Dachgeschoss fand.
Der Keller liegt im südlichen Teil des Grundstücks an der Salzstraße. Hier dürfte ein älterer Kernbau vorhanden sein. Seine Nordwestecke zeichnet sich vermutlich noch im Knick der Mauerflucht des Westgiebels ab. Genauere Aussagen können hier nur durch eine exakte Bauaufnahme gewonnen werden.

Datierung:
Das im Keller sichtbare Bruchsteinmauerwerk dürfte spätestens im 13. Jahrhundert entstanden sein. Da dieses Mauerwerk in der östlichen Giebelwand eine ältere Mauer unterfängt, könnte diese Mauer (eines östlichen Nachbarhauses?) sogar noch in das 12. Jahrhundert datieren. Genauere Aussagen können nur durch eine eingehende Bauuntersuchung und dendrochronologische Datierung gewonnen werden.

Interpretation:
Da die Befunde nur in einer Kurzbegehung gesichtet wurden, kann hier keine gesicherte Rekonstruktion gegeben werden. Vermutlich stand ein steinerner Kernbau mit der Schmalseite an der Salzstraße (Bauphase II). Möglicherweise wurde er an einen älteren Baukörper im Osten (Eckhaus Oberlinden 1, Bauphase I) angefügt.

Westgiebel mit Fenster und Giebelbekrönung (Bauphase III)

Befund:
Die westliche Giebelspitze besteht hauptsächlich aus Bruchsteinen (Gneis- und Buntsandstein) und zu einem Zehntel aus Wacken. Außerdem findet sich vereinzelt Ziegelbruch (Hohlziegel) und um das Fenster III fe 4 einige Backsteine, gebunden durch grobgemagerten, weißen bis hellbeigen Mörtel. Das Bruchsteinmauerwerk weist unregelmäßige Steinlagen auf. Auf zwei Niveaus mit einem Höhenabstand von ca. 1,40 m finden sich Gerüsthölzer. Die Innenseite weist einen älteren, groben Putz auf. Er findet sich vor allem unterhalb der Giebelbekrönung III am 2 und weist eine verrußte Oberfläche auf. Der leicht wellige Ortgang ist samt abdeckenden Flachziegeln (auf der Nordseite) erhalten und weist eine Neigung von ca. 45° auf.
Das hochrechteckige Fenster III fe 4 sitzt ca. 13 m über dem heutigen Hofniveau und ist aus der Mittelachse des Giebels leicht nach Süden verschoben. Es besitzt Sandsteingewände, die umlaufend geschrägt sind. Die vermauerte Fensternische mündet heute im nicht zugänglichen 2. Dachgeschossraum.
Der Giebelaufsatz gliedert sich in einen unteren, kompakten Sockel und einen durchbrochenen oberen Abschluss mit Maßwerk. Der Sockel sitzt etwa 1 m weit im Giebelmauerwerk. Eine Baufuge ist nicht erkennbar. Der Sockel besteht in der untersten und obersten Steinlage und an den Ecken aus geflächten Sandstein-Quadern mit Zangenspuren und im Kern aus Bruchsteinen. Im Inneren konnten auch Steinmetzzeichen festgestellt werden (nach links gekipptes „Y“). Die unteren beiden Sandsteinquaderlagen springen stufig zurück. Der grobgemagerte weiße bis hellbeige Mauermörtel entspricht dem des Giebelmauerwerk.
Oberhalb eines umlaufenden Gesimses mit Fase steht die Giebelspitze mit zwei spitzbogigen Durchbrüchen. In ihren Laibungen sind Ausbrüche erkennbar. Oberhalb der Spitzbögen haben sich fragmentarisch Blendmaßwerk (stehender Vierpaß im Quadrat, obere Hälfte offen) und eine wimpergartige Giebelbekrönung (Gesims und Lilienmaßwerkkamm) erhalten. Die Buntsandsteinblöcke sind durch Eisenbänder verklammert. Im Vergleich mit der Bauaufnahme von 1898 wird deutlich, dass mittlerweile der Ansatz einer dritten Maßwerklilie, das südliche Ortganggesims und ein Teil des Blendmaßwerks fehlen.
Im Inneren hat sich der Stumpf der Firstpfette ca. 1,3 m über der untersten Quaderlage erhalten. Er sitzt auf einer beschädigten, noch ca. 0,20 m vorspringenden Steinkonsole auf. Hier auf der Innenseite fanden sich auch senkrechte Abriebspuren, die nach oben tiefer in das Mauerwerk einschneiden.
Im gegenüberliegenden Ostgiebel des St. Antoni-Hauses ist ebenfalls ein älterer Giebel ablesbar. Im First des Giebels ist noch das Balkennest der Firstpfette zu erkennen. Eine senkrechte Störung auf der Innenseite dieses Giebels dürfte vom Einbau eines Kaminschlots stammen.

Datierung:
Der obere Teil des Giebels ist mit der Giebelbekrönung zusammen aufgemauert worden. Dieser Giebelschmuck dürfte im Zusammenhang stehen mit der Einrichtung der Antoniterpräzeptorei in den 1290er Jahren oder mit der Weihe der Klosterkirche im 14. Jahrhundert. Das Lilienmaßwerk findet sich in ähnlicher Form an den Strebepfeilern des um 1301 fertig gestellten Langhauses des Freiburger Münsters (dendrochronologische Datierung des Dachwerks), so dass auch stilistische Gründe für eine Errichtung in dieser Zeit sprechen.
Eine dendrochronologische Datierung der Gerüstlöcher und des Firstpfettenfragments könnte die Giebelbekrönung vermutlich genau datieren.

Interpretation:
Das nach Ausweis der seit dem 16. Jahrhundert entstandenen Stadtansichten wenig auffällige Gebäude der Antoniterpräzeptorei wurde wohl bald nach ihrer Niederlassung aufgestockt oder im Bereich der Giebelspitze umgebaut. Der westliche Giebel erhielt damals einen von zwei Spitzbögen durchbrochenen, maßwerkbekrönten Giebelaufsatz. Die Ausbruchsspuren in den Laibungen der Bögen und die senkrechten Abriebrillen im Inneren sprechen dafür, dass hier tatsächlich kleine Glocken aufgehängt waren, deren Seilzüge die Spuren im Sandstein hinterlassen haben. Die Giebelbekrönung diente damit der architektonischen Betonung der Präzeptorei und erfüllte die Funktion eines Dachreiters, wie er damals auch auf dem schräg gegenüberliegenden Chordach des Augustinereremitenklosters fand (kleiner hölzerner Dachreiter von 1334d, 1491d durch einen größeren weiter westlich ersetzt).
Das nordwestlich anschließende Gebäude dürfte später ebenfalls zum Antoniterkloster gehört haben, wie die Durchgänge und Türdurchbrüche in der westlichen Giebelwand belegen.

Erste Aufstockung des Westgiebels (Bauphase IV)

Befund:
Das Mauerwerk der ca. 10 cm zurückspringenden und ca. 0,70 m breiten nördlichen Giebelerhöhung IV am 18 besteht aus kleinen Sandstein- und Gneisbruchsteinen, Wacken und Ziegeln (Flach- und Hohlziegel). Der Ortgang ist mit Flachziegeln abgedeckt.

Datierung:
Das zahlreiche Vorkommen von Backsteinen und Ziegeln sprechen für eine Entstehung in der frühen Neuzeit, jedoch vor Aufrichtung des rezenten Dachwerks.

Interpretation:
Möglicherweise wurde der Mauerstreifen auf den älteren nördlichen Ortgang gesetzt um die Giebelbekrönung zu stabilisieren. Es zieht an der Nordseite des Glockengiebels ca. 1 m hoch.

Zweite Aufstockung des Westgiebels (Bauphase V)

Befund:
Auf die erste Giebelaufstockung im Norden folgte eine zweite Aufstockung. Sie ist ca. 0,20 m breit und besteht überwiegend aus Flachziegeln, die in reichlich Mörtel versetzt wurden. Der südliche Ortgang wurde ebenfalls aufgestockt.
Im 20. Jahrhundert wurden hier bei Ausbesserungsarbeiten Zementmörtel zur Sicherung der Mauerkrone verwandt.

Datierung:
Die beiden erhöhten Giebelschrägen entsprechen der Sparrenstellung des frühneuzeitlichen Dachwerks über dem St. Antoni-Haus (17. Jahrhundert?). Eine dendrochronologische Datierung des Holzes dürfte auch die Giebelaufstockung datieren.

Interpretation:
Die Giebelerhöhung scheint im Zusammenhang zu stehen mit dem damals neu aufgeschlagenen und heute noch vorhandenen, dreistöckigen Dachwerk.

Anbau eines Flügelbaus mit Pultdach an das Wirtshaus „zum roten Ochsen“ auf dem westlichen Nachbargrundstück Salzstraße 49/ Herrenstraße 60 (Bauphase VI)

Befund:
Mindestens sieben Balkennester auf unterschiedlichen Niveaus sind nachträglich in den Giebel eingefügt worden. Das Giebelfenster wurde mit Backstein zugesetzt.

Datierung:
Eine Datierung ist möglicherweise nach eingehender Bauuntersuchung des Hauses Salzstraße 49/ Herrenstraße 60 möglich.

Interpretation:
Im 16. Jahrhundert wurde das Grundstück Salzstraße 49/ Herrenstraße 60 abgetrennt und fortan als Gasthaus „zum roten Ochsen“ genutzt. Zu einem zurzeit noch nicht genauer zu bestimmenden Zeitpunkt errichtet der Ochsenwirt einen Flügelbau entlang der Parzellengrenze zum Nachbargrundstück Salzstraße 51/ Herrenstraße 62. Es besaß ein Pultdach, dessen Balken in der Giebelwand eingelassen wurden. Das nun verdeckte Fenster wurde vermauert. Die unterschiedlichen Niveaus der Balkennester könnten ein Indiz sein für einen Umbau des Daches.

Sicherung der Giebel (Bauphase VII)

Befund:
Die Balkennester wurden mit Backsteinen und Flachziegeln vermauert. Drei Zuganker wurden nachträglich in den Giebel eingelassen. Sie sind in Balken im 3. Dachgeschoss eingelassen, die ehemals bis zum Ostgiebel durchliefen und dort ebenfalls mit Zugankern befestigt waren.

Datierung:
Eine Datierung ist vermutlich durch die dendrochronologische Analyse der Zugbalken möglich.

Interpretation:
Nach Abbruch des angebauten Baukörpers mit Pultdach (Bauphase VI) stand der Giebel frei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte man die beiden Giebel mit Zugankern verklammert haben.

Veränderungen im 20. Jahrhundert (Bauphase VIII)

Befund:
Zwei Dübel in Zementputz, der Putzstreifen im Übergang zum Flachdach und die Ausbesserungen an den Ortgängen mit Zementputz sowie die Neueindeckung des Dachs sind zu den jüngsten baulichen Eingriffen zu zählen.

Datierung:
Der Verputz mit Zementmörtel und die neue Dachdeckung erfolgten vermutlich in der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts.

Interpretation:
Es handelt sich um kleinere Ausbesserungsarbeiten.

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