Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Ehem. altes Amtshaus der Dompropstei Konstanz

ID: 120102277614  /  Datum: 06.08.2013
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Kaufhausstraße
Hausnummer: 1
Postleitzahl: 78315
Stadt-Teilort: Radolfzell

Regierungsbezirk: Freiburg
Kreis: Konstanz (Landkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8335063019
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

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12

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Der sich aus zwei versetzten Bauteilen (West- und Ostteil) zusammensetzende Baukörper bildet eine bauliche Einheit. Abgezimmert in den Jahren um 1475 (d) steht der Ostteil über einem älteren, zu diesem Zeitpunkt umgestalteten Keller. Der Westteil ist mit zwei Kleinkellern nur teils unterkellert. Alle Keller sind über den im Westteil liegenden Kellerabgang erschlossen.

Bei dem aufgehenden Baukörper handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen herrschaftlichen, offensichtlich nur zeitweise genutzten Verwaltungs- und Lagerbau, der nach der lokalen Forschung auch als Pfleghof der Konstanzer Dompropstei genutzt wurde.

Der Erdgeschossgrundriss war insgesamt offen gestaltet. Freistehende Säulen gliederten wohl in beiden Bauteilen hohe Lagerhallen. Eine zentrale Treppenanlage entlang der gemeinsamen Trennwand der beiden Gebäudeteile erschloss die oberen Nutzungsebenen. Im 1.Oberstock waren die Funktionen Lagern und Verwalten kombiniert, wobei dem Ostbau mit verbohlter, aber wohl nicht beheizbarer Stube das repräsentative Zentrum zuzuordnen ist. Weitere Lagerflächen waren im ehemals 2.Oberstock und wohl auch im Dachwerk angelegt. Eine architektonische Bevorzugung erhielt die zur Kirche ausgerichtete Ostfassade des Ostbaus. Hier erhob sich z. B. über dem auskragenden Erkerraum des 2. Oberstocks ein in die Pultdachfläche einschneidender Turmaufsatz.

Mangelnder Unterhalt bedingte um die Mitte des 17. Jahrhunderts die Erneuerung des alten Pultdaches, dem wenige Jahrzehnte später der Ersatz des 2. Oberstockes auf dem Westbau mit zugehörigem Dachwerk folgte. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der sanierte Bau eine moderne Ausstattung von Stube und Kammer, wobei die Nutzung wohl grundlegend beibehalten wurde.

Der erste sichere Nachweis einer Umnutzung zum Wohnhaus datiert in das frühe 19. Jahrhundert. Mit Ausnahme der Dachräume verdichtet sich ab jetzt die Nutzungsfläche zur Wohnfläche. In dieser Folge ist auch die „Versteinerung“ des Erdgeschosses und die Abwalmung des Pultdaches zu sehen. Spätestens jetzt ist das Türmchen als herrschaftliches Architektursymbol verschwunden.


1. Bauphase:
(1474 - 1475)
Nach einer ersten Einschätzung gehören das Unter- und Erdgeschoss zu einer gemeinsamen Kelleranlage, die um 1475 (d) mit der Errichtung des Überbaus im Westen eine neue Erschließung bekam und in diesem Zusammenhang auch das vorhandene Gewölbe erhielt.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Untergeschoss(e)
Bauwerkstyp:
  • Sakralbauten
    • Probstei

2. Bauphase:
(1601 - 1699)
Anders als im Erdgeschoss konnte im 1.Obergeschoss des Ostbaus ein hoher Bestand der ursprünglichen Bausubstanz aufgenommen werden. Die heutige, partiell freigelegte Decke ist wohl dem 17.Jahrhundert, die Stubentrennwand dem 20. Jahrhundert zuzuordnen.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)

3. Bauphase:
(1652 - 1653)
Im Ostteil blieb die alte Nutzungsebene noch lange Zeit vollständig erhalten. Lediglich das alte, über einem in Ost-West-Richtung verlegten Deckengebälk aufgeschlagene Pultdach wurde schon um 1653(d) durch ein neues Pultdach mit gleicher Ausrichtung ersetzt.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)

4. Bauphase:
(1698 - 1699)
Im 2.Oberstock, der in Anlehnung an die vorhandenen Knaggen ehemals auskragte, erfuhr der Ursprungsbau eine einschneidende Veränderung. Offensichtlich schadhaft wurde der alte Oberstock im Westteil abgetragen und nach einem Niveauausgleich um das Jahr 1699 (d) mit zugehörigem Dach neu abgezimmert.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)

5. Bauphase:
(1850 - 1950)
Nach der Bauaufnahme des Jahres 2002 und dem angetroffenen Bestand waren ursprünglich beide Erdstöcke in Fachwerk abgezimmert. Im Ostteil ist das Erdgeschoss wohl insgesamt massiv ersetzt. Infolge umfassender Umgestaltungen des 19./ 20.Jahrhunderts ist auch der alte Erdstock nahezu vollständig entkernt. Lediglich innerhalb der gemeinsamen Trennwand zum Westteil ist noch mit einem bauzeitlichen Bestand zu rechnen. In die Jahre um 1475 (d) ist auch das verkleidete Deckengebälk einzuordnen.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
Konstruktionsdetail:
  • Mischbau
    • Holzbau mit Gebäudeteil aus Stein

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Abbildungsnachweis
Ansicht Norden / Ehem. altes Amtshaus der Dompropstei Konstanz in 78315 Radolfzell, Radolfzell am Bodensee (◦Schaad, Thomas (Schaad, Th. (Planung)))
Abbildungsnachweis
Ansicht Süden / Ehem. altes Amtshaus der Dompropstei Konstanz in 78315 Radolfzell, Radolfzell am Bodensee (◦Schaad, Thomas (Schaad, Th. (Planung)))
Abbildungsnachweis
Ansicht Osten / Ehem. altes Amtshaus der Dompropstei Konstanz in 78315 Radolfzell, Radolfzell am Bodensee (◦Schaad, Thomas (Schaad, Th. (Planung)))

Zugeordnete Dokumentationen

  • Dendrochronologische Datierung, (Bauphasen-) Pläne
  • Restauratorische Untersuchungen, Raumbuch

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Der untersuchte Baukomplex steht südlich, weit abgesetzt von der in Ost- West- Richtung verlaufenden Kaufhausstraße. Westlich und weitgehend im Schatten des im Jahre 1848 erbauten Rathauses platziert, besteht er aus zwei Bauteilen.
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Stadt
Bauwerkstyp:
  • Sakralbauten
    • Probstei
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Bei dem zur Straße orientierten und auch von dort erschlossenem Westteil handelt es sich um einen dreistöckigen Baukörper mit einem zur Straße traufständig ausgerichteten Satteldach. An ihn grenzt der Ostteil, der durch seine nach Süden versetzte Lage hinter der Südwestecke des Rathauses verschwindet bzw. dieser ausweicht und sich so nach Osten mit Blick auf die Kirche orientiert. Auch der Ostteil ist dreistöckig und besitzt im Gegensatz zum Westteil ein nach Osten abfallendes und im Südbereich abgewalmtes Pultdach. Beide Bauteile bilden in ihrem Kern eine bauliche Einheit aus den Jahren um 1475 (d), wobei dem Ostteil der repräsentative Schwerpunkt zuzuschreiben ist.

Der Ostteil steht über einem den gesamten Grundriss einnehmenden Gewölbekeller, während der Westteil nur teilunterkellert ist und im südlichen Bereich zwei unterschiedlich gestaltete Kleinkeller besitzt. Alle drei Keller liegen auf unterschiedlichen Niveaus, sind aber gemeinsam über einen zentralen, im Westteil liegenden Kellerabgang erschlossen.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
keine Angaben
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
keine Angaben
Bestand/Ausstattung:
keine Angaben

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Decken
    • Balken-Bretter-Decke
    • Kassettendecke
  • Dachform
    • Pultdach
  • Dachgerüst Grundsystem
    • Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
  • Holzgerüstbau
    • Unterbaugerüst, mehrstöckig
Konstruktion/Material:
Die Keller

Der Ostteil steht über einem den gesamten Grundriss einnehmenden Gewölbekeller, während der Westteil nur teilunterkellert ist und im südlichen Bereich zwei unterschiedlich gestaltete Kleinkeller besitzt. Alle drei Keller liegen auf unterschiedlichen Niveaus, sind aber gemeinsam über einen zentralen, im Westteil liegenden Kellerabgang erschlossen.

Der älteste Bestand wurde im tiefsten Keller, dem mit Backsteinen eingewölbten Keller des Ostteils, erkannt. So setzt sich der Keller aus mindestens zwei zu unterschiedlichen Zeiten errichteten Abschnitten zusammen: Zum älteren Bestand gehören mit Sicherheit die nördliche Schmalseite und die daran ansetzenden, in Richtung Süden verlaufenden Wände. Der Versprung in der westlichen Wandflucht wie auch die unterschiedlich hoch reichenden Wände sind deutlich ablesbar. Ähnlich verhält es sich im südlichen Bereich, wo sich die Kellerschildwand mit einer deutlichen Baufuge von der Westwand absetzt. Eine zeitliche Einordnung wie auch eine bauliche Überlagerung der beiden gegenüberliegenden Bauteile ist im angetroffenen Zustand nur schwer möglich. Nach einer ersten Einschätzung gehören sie zu einer gemeinsamen Kelleranlage, die um 1475 (d) mit der Errichtung des Überbaus im Westen eine neue Erschließung bekam und in diesem Zusammenhang auch das vorhandene Gewölbe erhielt.

Parallel zum Umbau des vorangegangenen Kellers erfolgte die Anlage des höher liegenden Gewölbekellers im Westen. Er liegt unter dem südöstlichen Bereich des Westbaus und war wie auch der Tiefkeller über einen gemeinsamen Kellerabgang zugänglich.

Im Zusammenhang mit der Anlage des dritten Kellers wurde der Kellerabgang im 19.Jahrhundert abgewinkelt und das Gewölbe des Nachbarkellers für den notwendigen Zugang partiell ausgebrochen. Bei dem neu geschaffenen Keller handelt es sich um eine partielle Abtiefung des Erdgeschossniveaus, welcher mit einer Balkenlage eingedeckt ist. Die Fundamente des Überbaus, das Höhenniveau der alten Schwellmauern, die Aufmauerung für die Gebälkauflager wie auch die Fundamentierung einer im Erdgeschoss vorhandenen Säule sind deutlich ablesbar.


Das Erdgeschoss

Nach der Bauaufnahme des Jahres 2002 und dem angetroffenen Bestand wurden ursprünglich beide Erdstöcke in Fachwerk abgezimmert.
Im Ostteil ist das Erdgeschoss wohl insgesamt massiv ersetzt. Infolge umfassender Umgestaltungen des 19./ 20. Jahrhunderts ist auch der alte Erdstock nahezu vollständig entkernt. Lediglich innerhalb der gemeinsamen Trennwand zum Westteil ist noch mit einem bauzeitlichen Bestand zu rechnen. In die Jahre um 1475 (d) ist auch das verkleidete Deckengebälk einzuordnen.

In der Ostwand des Westteiles ist das Fachwerk noch weitgehend vorhanden, partiell im Zustand einer vorangegangenen Sanierung. In Anlehnung an den angetroffenen Altbestand erlaubt dieser gesicherte Aussagen zur Gliederung des Erdstocks. Danach handelt es sich um ein eichenes Traggerüst mit verblatteten Winkelhölzern für dessen Aussteifung. Das Traggerüst ist im Gründungsbereich weitgehend unterfangen. Eingedeckt mit einer in Ost-West-Richtung verlegten Querbalkenlage wird die Spannweite der Balkenlage durch einen Längsunterzug nahezu halbiert. Getragen wurde der Unterzug durch zwei Säulen, von denen die Lage der südlichen Säule im Keller schon erkennbar ist und die im Erdgeschoss hinter einer auffallenden Holzverkleidung zu vermuten ist. Die Lage der zweiten Säule ist wohl an der Stelle der heutigen Gusssäule anzunehmen. Das beschriebene Traggerüst gliederte eine offene, ohne Untereilung ausgeführte Halle. Deren ursprüngliches Niveau lag ca. 90 cm unter dem heutigen Gehhorizont, wobei für das 15. Jahrhundert ein nach Süden abfallendes Geländeniveau angenommen wird. Die heutigen Einbauten stammen aus dem 19. Jahrhundert und stehen mehrheitlich im Zusammenhang mit dem Einbau eines Ladengeschäftes und dem davon abgetrennten Gang mit Treppenhaus.

In Anlehnung an die geschlossene Fachwerkgestaltung der freiliegenden Ostfassade und ergänzt durch die Lage der oberen Treppenläufe wird der alte, in den Oberstock führende Treppenaufgang entlang der Ostwand vermutet. Der Austritt im 1. Obergeschoss ist noch vor dem Zugang in den Ostteil anzunehmen.

An beiden Giebeln ermöglicht ein Stichgebälk die Auskragung des 1.Oberstocks, wobei die Überstände im Bereich der Eckständer durch Knaggen unterstrichen werden. Im Norden wurde der Überstand untermauert, im Süden ist er im unverbauten Bereich seitlich des angesetzten Abtritts noch nachvollziehbar.


Das 1. Obergeschoss

Über die vermutete Treppe an der Ostwand gelangt man in den gemeinsamen 1. Oberstock von Ost- und Westteil.
Anders als im Erdstock konnte im 1. Oberstock des Ostbaus ein hoher Bestand der ursprünglichen Bausubstanz aufgenommen werden. Es handelt sich um ein eichenes Traggerüst, wobei die winkelaussteifenden Hölzer im Rahmen einer vorangegangenen Sanierung nahezu vollständig erneuert und als Rekonstruktion ergänzt wurden.

Ablesbar ist eine Gliederung in zwei Raumeinheiten. Die Umfassungswände des nördlichen Raumes waren ursprünglich verbohlt und begrenzten mit hoher Sicherheit eine mit einer Bretter- Balken- Decke eingewölbte Stube. Ein großer, im heutigen Zustand teilweise modern zugesetzter Fenstererker an der Ostseite sorgte für die Belichtung und ermöglichte den Ausblick zur Kirche. Die Frage, ob die Stube ursprünglich beheizbar war, kann erst nach einer gezielten Freilegung beantwortet werden. Die heutige partiell freigelegte Decke ist wohl dem 17. Jahrhundert, die Stubentrennwand dem 20. Jahrhundert zuzuordnen.

Weitgehend befundlos sind die südlichen Nachbarräume. Hinsichtlich ihrer eingeschränkten Zugänglichkeiten handelte es sich ursprünglich wohl um eine Kammer, die im frühen 20. Jahrhundert unterteilt und partiell zur Küche umfunktioniert wurde.
Bezogen auf den Westteil führte die vom Erdgeschoss kommende Treppe in einen großen, die gesamte Gebäudelänge durchziehenden Freiraum. Westlich benachbart waren über diese Länge im 15. Jahrhundert zwei Raumeinheiten abgetrennt, von denen die nördliche, zur Straße ausgerichtete etwas größer war. Im angetroffenen Zustand besitzt sie eine Kassettendecke, die wohl einer Modernisierungsphase des 17. Jahrhunderts zuzuschreiben ist. Wie schon im Ostteil stellt sich auch hier die Frage nach der Beheizung des straßenseitigen Raumes. Anders als im Ostteil bietet sich hier der südliche Raum als Küchenraum an. Orientiert man sich aber an der aufgenommenen Baustruktur, wonach es sich bei dem straßenseitigen Raum im 15.Jahrhundert infolge der aufgenommenen Bundseitenausrichtung um keine Stube handelte, so sind auch hier Zweifel angebracht, ob der nördliche Raum anfänglich erwärmt wurde. Eine Erwärmung für den Zeitpunkt der im 17. Jahrhundert erfolgten Modernisierung ist nicht auszuschließen. Sicher ist sie erst für das 19. Jahrhundert anzunehmen, als zwischen dem verkleinerten Straßenraum und dem gleichfalls verkleinerten Südraum ein Zwischenraum eingeschoben und im östlich angrenzenden Freiraum eine anfänglich wohl gefangene Kammer abgetrennt wurde.

In das 19.Jahrhundert datieren somit die heutige Grundrissgliederung mit angebautem WC, das Treppenhaus und die Straßenfassade.


Das 2. Obergeschoss

Ab dem 1. Oberstock wird hinsichtlich der Vertikalerschließung das alte Treppenloch beibehalten, aber hinsichtlich der veränderten Steigungsverhältnisse modifiziert.

Im 2. Oberstock, der in Anlehnung an die vorhandenen Knaggen ehemals auskragte, erfuhr der Ursprungsbau eine einschneidende Veränderung: Offensichtlich schadhaft wurde der alte Oberstock im Westteil abgetragen und nach einem Niveauausgleich um das Jahr 1699 (d) mit zugehörigem Dach neu abgezimmert. Anders im Ostteil, hier blieb die alte Nutzungsebene noch lange Zeit vollständig erhalten. Lediglich das alte, über einem in Ost-West-Richtung verlegten Deckengebälk aufgeschlagene Pultdach wurde schon um 1653(d) durch ein neues Pultdach mit gleicher Ausrichtung ersetzt.

Hinsichtlich der Grundrissgliederung im Ostteil können für den ursprünglichen Bauzustand drei Räume abgegrenzt werden. Das Zentrum bildete der erkerartig auskragende Mittelraum, dem zu beiden Seiten unterschiedlich breite Kammern zugeordnet waren. Die zugehörigen Türöffnungen sind unter den Verkleidungen des 20. Jahrhunderts teilweise erkennbar. Über dem Erkerraum war wohl ein aus der Pultdachfläche vortretender Quergiebel oder ein Turmfortsatz mit Helm ausgeführt. Mit der Erneuerung des Pultdaches im 17.Jahrhundert ging dieses architektonische Gestaltungselement verloren. Einen späteren Verlust verzeichnet auch die südliche Kammer. Infolge einer in das 19.Jahrhundert zu datierenden Abwalmung des Pultdaches ist sie nicht mehr vollständig erhalten.

Weitgehend verloren ist offenbar auch die bauzeitliche, in das 17.Jahrhundert zu datierende Grundrissgestaltung im Westteil. Orientiert man sich nämlich an den beiden in Ost-West-Richtung verlaufenden Unterzügen, so steht nur die nördliche Querwand unter einem der beiden Unterzüge. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang die aus dem 15. Jahrhundert vorgegebene Lastabtragung, so besteht zu der im 1. Oberstock vorhandenen Innenwand eine auffallende Unstimmigkeit. Eine mögliche Erklärung bietet sich dann, wenn die Ebene des 2. Oberstocks ursprünglich keine Untergliederung besessen hätte. In diesem Fall wären die beiden Unterzüge von annähernd mittigen, am Verlauf der unteren Innenwand orientierten Säulen getragen worden. Diese Annahme wird verstärkt durch die vorhandene Innenstruktur an der Straßenseite. Mit dem schrägen Verlauf der Längswand ist die angetroffene Raumunterteilung wohl erst das Ergebnis einer im 19. Jahrhundert erfolgten Umnutzung.


Das Dachwerk

Während das traufständig zur Straße ausgerichtete, um das Jahr 1699 (d) abgezimmerte Satteldach nahezu vollständig erhalten blieb, ist das um 1653 (d), über dem Ostbau errichtete Pultdach hälftig durch eine nach Süden abfallende Walmausbildung ersetzt. Beide Dachwerke sind aus Nadelholz und zeigen keine auffälligen Rauchspuren.

Das tragende Gerüst für die über dem Westteil verbauten Sparrenpaare bildet im 1. Dachgeschoss eine Kombination aus abgesprengten Querbünden und geneigten, unter den Dachflächen verlaufenden Längsbünden. In diesem Verbund bilden sie ein zweifach liegendes, verzapftes Stuhlgerüst aus. Es erstreckt sich über zwei innere Querachsen, während die äußeren giebelbildenden Querbünde stehend ausgeführt sind. Die abgesprengten Querbünde begrenzen einen straßenseitigen Ladegiebel, dessen technische Vorrichtung zum Aufzug des Lagergutes im Dachraum erhalten blieb. Im 2. Dachgeschoss übernehmen zweifach stehende Stühle die Unterstützung der Sparrenpaare. Auf dieser Ebene besitzen die Zwischensparren kein Kehlgebälk

Stehend ist auch das Traggerüst des benachbarten Pultdaches ausgeführt. Vor der offenen Giebelwand des Westbaus aufgestellt, ist es nur noch hälftig erhalten. Am abgesägten Ende des Firsträhmes setzt heute ein nach Süden abfallender, bis zur Decke über dem 1.Oberstock reichender Vollwalm an. Zum gleichen Zeitpunkt erfolgte auch eine Veränderung des parallel zur Firstachse aufgestellten Längsbundes.

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