Frühmesskaplanei und Gasthaus "Zum guten Glas"
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
Objektdaten
Straße: | Seestraße |
Hausnummer: | 50 |
Postleitzahl: | 78354 |
Stadt-Teilort: | Sipplingen |
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Regierungsbezirk: | Tübingen |
Kreis: | Bodenseekreis (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8435053003 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Bauphasen
Im früheren 17. Jahrhundert wurde für die 1294 gestiftete Frühmesskaplanei zu unserer Lieben Frau ein neues Wohnhaus errichtet. Das Haus wurde als dreigeschossiger Massivbau südlich an die Kirchhofmauer angebaut. 1814/16 wurde die Frühmesspfründe aufgelöst. In der Folge gelangte das bisherige Kaplaneigebäude in private Hände. Das neue zweigeschossige Gasthausgebäude mit Mansarde und Vollwalmdach hatte im Erdgeschoss in der westlichsten Querzone eine Durchfahrt in den Innenhof und zum Rückgebäude. Im späten 19. Jahrhundert wurde der Mittelbau zwischen das Vorderhaus und das Rückgebäude gebaut. Diese Bauphase ist vor allem durch die dreizonigen Füllungstüren mit schmaler Mittelzone zu erkennen. Im Jahr 1896 gab es einen Brand im Rückgebäude, der zum Anlass genommen wurde, das Gebäude bis auf die Außenmauern zu entkernen und neu auszubauen.
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts fanden nur noch wenige Umbauten statt. Hier ist vorrangig die neue Ausstattung in der Gaststube im 1. Obergeschoss zu nennen, die vermutlich in die 1930er Jahre fällt. In diesem Zug wurden auch die Fenster und Türen der Südfassade erneuert. Im späten 20. Jahrhundert wurde die Südfassade mit Eternitplatten verkleidet. Die Fenster und Türen dort wurden durch Isolierglasfenster ersetzt. Der bisherige Spezereiladen wurde aufgegeben, die Eingangstür durch ein Fenster ersetzt.
(1600 - 1650)
Im früheren 17. Jahrhundert wurde für die 1294 gestiftete Frühmesskaplanei zu unserer Lieben Frau ein neues Wohnhaus errichtet. Das Haus wurde als dreigeschossiger Massivbau südlich an die Kirchhofmauer angebaut. Im Erdgeschoss befand sich ein Keller, der mit großer Wahrscheinlichkeit kreuzgratgewölbt war und durch ein rundbogiges Tor mit auffälliger Rotfassung in der Südfassade erschlossen war. Die Erschließung der Obergeschosse erfolgte über eine Außentür auf der Südseite im 1. Obergeschoss. Vermutlich führte eine Außentreppe mit Altan zu der Tür, von der sich jedoch keine Spuren erhalten haben. An der Südfassade haben sich zudem neben einem kleinen Kellerfenster im EG noch sechs bauzeitliche große Fenstergewände im 1. und 2. OG erhalten. Dies zeigt, dass sich die Hauptwohnräume auf der Südseite befanden. Die Fenstergewände sind zwar nahezu alle zwischenzeitlich verändert, tiefer gesetzt oder vermauert, trotzdem erlauben sie eine Vorstellung vom bauzeitlichen Aussehen des Gebäudes. Die Fenster- und Türgewände der Obergeschosse waren im Gegensatz zum EG grau gefasst. Eine farbige Eckquaderung bestand nicht. An der West-, Ost- und Nordfassade konnten dagegen keine bauzeitlichen Fenster mehr beobachtet werden. Vermutlich gab es aber auch hier Fenster, die allerdings kleiner waren und durch die spätere Neubefensterung ersetzt wurden. Zwei solche kleinere Fenstergewände haben sich im 2. OG in Zweitverwendung erhalten (Befund 42). Sie stammten vermutlich von der Nordfassade.
Über das Aussehen des bauzeitlichen Dachs ist nichts bekannt. Auch über bauzeitliche Innenwände liegen keine Befunde vor.
Weitere Bauphasen zwischen dem 17. Jahrhundert und der Bauphase 1847 /48(d) wurden am Gebäude nicht beobachtet. In der Denkmalliste wird eine ältere Gastwirtschaft an Stelle des Vorderhauses genannt. Die Quelle dafür erschließt sich bisher nicht.
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Untergeschoss(e)
- Siedlung
- Dorf
- Wohnbauten
- Pfarrhaus
- Steinbau Mauerwerk
- allgemein
- Gewölbe
- Kreuzgratgewölbe
(1847 - 1848)
1814/16 wurde die Frühmesspfründe aufgelöst.
In der Folge gelangte das bisherige Kaplaneigebäude in private Hände.
1845 - 1847 wurde erstmals eine Uferstraße von Überlingen über Sipplingen nach Ludwigshafen gebaut. Dadurch änderte sich die Struktur des Dorfs Sipplingen grundlegend. Das zuvor topographisch eingeengte Dorf konnte sich nun entlang der neuen Straße ausdehnen.
Auch das untersuchte Anwesen erhielt 1847/48 (d) eine neue Straßenrandbebauung. Das neue zweigeschossige Gasthausgebäude mit Mansarde und Vollwalmdach hatte im Erdgeschoss in der westlichsten Querzone eine Durchfahrt in den Innenhof und zum Rückgebäude. In der nächsten Querzone befand sich ein Spezereiladen, der sich möglicherweise auch in der nördlichen Längszone fortsetzte. Zwischen der Durchfahrt und dem Laden gab es eine Tür. In der Osthälfte der südlichen Längszone befand sich die Gaststube. In der nördlichen Längszone folgte die Küche und in der östlichsten Querzone ein Längsflur. Von hier aus erfolgte wahrscheinlich die Erschließung ins OG. Vermutlich befand sich die Treppe direkt unter der Treppe vom OG in den Mansardstock.
Im Obergeschoss befanden sich in der südlichen Längszone zwei Kammern und in der westlichen Hälfte eine Stube. In der nördlichen Längszone befanden sich in der Westhälfte ein beheizbares Zimmer und in der Osthälfte der Längsflur. Eine Verbindung von Vorderhaus und Rückgebäude bestand zu diesem Zeitpunkt nicht. An den Längsflur schloss nördlich ein Abortanbau an. Ob dieser Anbau bereits bauzeitlich zweigeschossig war muss offen bleiben.
Im Mansardstock war die westlichste Zone durch eine Fachwerkwand abgetrennt. Hier befand sich sowohl auf der Nordseite als auch auf der Südseite eine Aufzuggaube. Südöstlich war eine weitere Kammer durch Fachwerkwände abgetrennt. Der restliche Raum war als Dachboden nicht unterteilt.
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Dachgeschoss(e)
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Gasthof, -haus
- Dachform
- Mansarddach/-helm
- Satteldach mit beidseitigem Vollwalm
- Mischbau
- Innenwand aus Holz
(1871 - 1878)
Im späten 19. Jahrhundert wurde der Mittelbau zwischen das Vorderhaus und das Rückgebäude gebaut. Diese Bauphase ist vor allem durch die dreizonigen Füllungstüren mit schmaler Mittelzone zu erkennen.
Die Bauphase ist bisher nicht dendrochronologisch datiert worden. Allerdings lässt sie sich durch die verwendeten metrischen Maße dem Zeitraum nach 1871 zuordnen. Andererseits unterscheidet sich diese Bauphase signifikant von der Ausbauphase nach dem Brand des Rückgebäudes 1896 und ist deshalb als eigenständige Bauphase zu betrachten. Im Katasterplan von 1878 ist der Mittelbau als Nebengebäude bereits eingetragen. Übrigens ist damals auch das Rückgebäude als Nebengebäude eingetragen und nicht als Wohnhaus.
Der Mittelbau war dreigeschossig mit zweigeschossigem Dach. Nach Westen war er etwa 1,7 m schmaler als heute. Zudem war er auf der Westseite im EG zunächst weit auskragend. Einerseits sollte der Bau den wettergeschützten Zugang ins EG und ins 1. OG des Rückgebäudes ermöglichen. Andererseits sollte möglichst wenig Fensterfläche am Rückgebäude verdeckt werden. Durch den Erschließungsmittelbau wurde die bisherige Erschließung des Vorderhauses ins OG im nordöstlichen Längsflur entbehrlich. Daher wurde dort ein schmaler Stichquerflur abgetrennt und der übrige Teil des alten Längsflurs der Gaststube zugeschlagen.
Der Mittelbau hatte im südlichen EG einen Kammerbereich, der aber wahrscheinlich bereits bauzeitlich der Gaststube zugeschlagen wurde. Im 1. OG befand sich in dieser Zone dagegen eine Kammer. Nördlich davon befand sich die zweiläufige Treppe vom EG ins 1. OG. Das 2. OG und der Dachraum waren dem Vorderbaudach angegliedert.
Durch die neue Erschließung mussten die unterschiedlichen Stockwerkshöhen im Vorderhaus und im Rückgebäude angepasst werden. Dafür wurde die bauzeitliche Eingangstür des Rückgebäudes etwa 40 cm tiefer gesetzt. Im Innern wurde der Niveauunterschied vermutlich mit einer zweistufigen Treppe ausgeglichen, die auf dem EG-Gewölbe saß. Im 2. OG wurde das östliche Fenster ausgebrochen und mit dem Gewände sowie zwei weiteren gebrauchten Gewänden eine Türöffnung an Stelle des alten Fensters gebaut. Die Türöffnung orientierte sich mit der Schwelle an der damaligen Fußbodenhöhe des 2. OG im Rückgebäude, mit dem Sturz aber an der Deckenhöhe des Zwischenbaus. Daher wurde die Türöffnung mit 1,70 m recht niedrig.
Schließlich wurden in dieser Bauphase auch im 2. OG des Rückgebäudes zwei große Fenster und eine Tür in der Nordfassade eingebaut. Die Fensterhöhe orientierte sich dabei an der ehemaligen Fußbodenhöhe des Rückgebäudes, während die Tür am Außenniveau des Kirchhofs ausgerichtet war. Dafür musste dann im Innern vermutlich wieder eine kleine Treppe zum Ausgleich angelegt werden.
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Gasthof, -haus
(1896 - 1897)
Im Jahr 1896 gab es einen Brand im Rückgebäude. Das tatsächliche Ausmaß des Brandschadens ist unklar. Es konnten bei der Untersuchung zwar Verrußungen beobachtet werden, aber keine Ausglühungen. Trotzdem wurde aber der Brand zum Anlass genommen, das Gebäude bis auf die Außenmauern zu entkernen und neu auszubauen. Dabei wurde auch das Gewölbe im EG ausgebrochen und durch eine Eisenträgerdecke ersetzt. Dies führte zu einem tiefer liegenden Fußbodenniveau im 1. und 2. OG. Entsprechend wurden auch die meisten bereits vorhandenen Fensteröffnungen nach unten angepasst. Auf der West- und Ostseite wurden zudem mehrere neue große Fensteröffnungen eingebrochen. Die neuen Fachwerkinnenwände bildeten einen Längsflur, um den sich mehrere Zimmer gruppieren. Funktional determinierte Räume wie Küche oder Stube fehlen jedoch. Es ist daher zu vermuten, dass der Wiederaufbau des Rückgebäudes von vornherein als Gästezimmerbau für das Gasthaus geplant wurde. Im EG des Rückgebäudes wurde zudem ein Teil der Westwand ausgebrochen und mit Eisenträgern abgefangen. Im Anschluss an die Ausbruchstelle wurde ein bis zum Nachbargebäude reichender Anbau zugefügt. In diesem vergrößerten Raum wurde eine Brennerei eingerichtet.
In diesen Zeitraum gehört als weitere Baumaßnahme auch die Neuausstattung der Gaststube im EG des Vorderhauses. Schließlich gehört in diese Ausbauphase auch das zweiflüglige Tor an der Durchfahrt im Vorderhaus.
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Gasthof, -haus
- Verwendete Materialien
- Eisen
(1900 - 1999)
Umbauten im Verlauf des 20. Jahrhunderts fanden nur noch wenige statt. Hier ist vorrangig die neue Ausstattung in der Gaststube im 1. Obergeschoss zu nennen, die vermutlich in die 1930er Jahre fällt. In diesem Zug wurden auch die Fenster und Türen der Südfassade erneuert. Diese Ausbauphase ist gut auf einer historischen Fotografie (Bild unten) zu erkennen, die vermutlich aus den 1960er Jahren stammt (Martini-Werbung!). Von dieser Ausstattungsphase hat sich noch die Balkontür erhalten, die heute in Raum 1.9 steht. Im späten 20. Jahrhundert wurde die Südfassade mit Eternitplatten verkleidet. Die Fenster und Türen dort wurden durch Isolierglasfenster ersetzt. Der bisherige Spezereiladen wurde aufgegeben, die Eingangstür durch ein Fenster ersetzt.
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Untersuchung
- Bauaufnahme
- Restauratorische Untersuchung
- Schadensuntersuchung
Beschreibung
Das Anwesen besteht aus dem straßenseitigen Vorderhaus und dem an den Kirchhof angrenzenden Rückgebäude. Zwischen den beiden Baukörpern befindet sich in der Westhälfte ein kleiner Innenhof, der über eine Durchfahrt im Vorderhaus erschlossen ist. In der Osthälfte befindet sich ein kleiner Mittelbau, über den die Obergeschosse erschlossen werden. Zwischen dem Rückgebäude und dem westlich anschließenden Gebäude befindet sich zudem ein kleinerer Anbau, der als Brennerei dient.
- Siedlung
- Dorf
- Wohnbauten
- Pfarrhaus
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Gasthof, -haus
Das Rückgebäude - die ehemalige Frühmesskaplanei - ist als dreigeschossiger Massivbau auf annähernd quadratischem Grundriss errichtet. Die Innenwände und die Giebelwände des zweigeschossigen Satteldachs sind als Fachwerkwände erbaut. Das Gebäude steht giebelständig zum Kirchhof, wobei das EG und das 1. OG an die ehemalige Kirchhofmauer angebaut sind, während im 2. OG die Kirchhofmauer überbaut wurde. Der Dachstuhl ist als zweifach liegender Stuhl ausgebildet. Die Grundrisse des 1. und 2. OG sind in drei Längszonen und zwei Querzonen unterteilt, während das 1. DG in zwei Längzonen und drei Querzonen gegliedert ist. Das EG ist dagegen in zwei Querzonen und zwei Längszonen gegliedert.
Der Mittelbau ist dreigeschossig mit zweigeschossigem Satteldach in Nord-Süd-Richtung erbaut. Die Ostwand ist dabei massiv ausgeführt, während die Westseite mit einer stark durchfensterten und verbretterten Fachwerkkonstruktion geschlossen ist. Der Grundriss ist in zwei Längszonen und zwei Querzonen gegliedert, wobei die Bundachsen nicht übereinander liegen.
Zonierung:
Konstruktionen
- Mischbau
- Innenwand aus Holz
- Unterbau aus Stein (gestelzt)
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
- Dachform
- Mansardwalmdach
- Satteldach
- Steinbau Mauerwerk
- allgemein