Criminalturm
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Zeppelinstraße |
Hausnummer: | 3 |
Postleitzahl: | 75378 |
Stadt-Teilort: | Bad Liebenzell |
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Regierungsbezirk: | Karlsruhe |
Kreis: | Calw (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8235008001 |
Flurstücknummer: | 27 |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Wohnhaus, ehem. Erholungsheim (75378 Bad Liebenzell, Schillerallee 8)
Bauphasen
Der Turm ist Teil der ehemaligen Stadtbefestigung und wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Ursprünglich war er nur über eine Treppe an der Maueraußenseite des Wehrgangs zu erreichen. Das Erdgeschoss war einräumig (Verließ) und das Obergeschoss in einen tonnengewölbten Raum und einen Vorraum gegliedert. Der Zugang ins Erdgeschoss war ursprünglich nur über eine Bodenöffnung im ehemaligen Vorraum (heute östliche Gefängniszelle) möglich. Die Wehranlage und der Criminalturm hatten vermutlich Ende des 15. Jahrhunderts mit Niederlassung einer gewerblichen Siedlung außerhalb der Stadtmauer ihre fortifikatorische Funktion verloren. Der Turm wurde im 17. Jahrhundert als Gefängnis genutzt. Der Fachwerkgiebel und Dachstuhl des Criminalturms sind wohl nach dem großen Stadtbrand des Jahres 1785 neu entstanden. Die Kreuzbüge (Kreuzbänder) der Fachwerkgiebel zeugen vom Eingriff im 18. Jahrhundert. Das Criminalgefängnis wurde 1826 vom Kriminalamt Hirsau an die Stadtgemeinde Liebenzell verkauft. 1826 wurde das Gefängnis renoviert und als Ortsgefängnis eingerichtet. Im Obergeschoss entstand eine weitere Gefängniszelle durch die Errichtung einer Zwischenwand. Die Öffnung, die zum Verließ führte, wurde durch eine Platte verschlossen, die kleine Fensteröffnung vergrößert und der Vorraum ausgetäfert. Neben dem neuen Kamin wurde auch ein Loch für das Ofenrohr ausgebrochen, das Dach umgedeckt, der Boden mit Brettern belegt und eine Tür eingesetzt. 1826 wurde der Turm erstmals durch eine steinerne Treppe vom Stadtinneren her zugänglich gemacht.
Der heutige Zugang zum Dachstuhl über eine Luke im westlichem Turmgiebel entspricht nicht der ursprünglichen Situation. Nachweislich wurden Fachwerkhölzer entfernt (Riegel) und verkürzt (Streben). In der südwestlichen Ecke des Gefängnisvorraums (OG) ist der Austausch einer ehemaligen Treppenöffnung ins Dachgeschoss nachweisbar. 1945 wurde das Erdgeschoss des Turmes als Spritzenhaus genutzt, weswegen an der Südseite ein neuer Zugang geschaffen wurde. Vermutlich zeitgleich wurde die Fensteröffnung im ostwärtigen Wandbereich durchgebrochen, das heute wieder verschlossen ist. 1992 folgte die Konservierung und Sanierung des Criminalturms, der nicht auf seinen historischen Zustand zurückgeführt, sondern weitestgehend im Ist-Zustand erhalten blieb.
(1301 - 1388)
- Befestigungs- und Verteidigungsanlagen
- Turm
- Steinbau Mauerwerk
- allgemein
(1601 - 1826)
- Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
- Verlies
(1785)
- Mischbau
- Steinbau mit Gebäudeteilen aus Holz
(1826 - 1970)
- Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
- Gefängnis
(1945 - 1970)
- Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
- Feuerwehrgebäude
- Gefängnis
(1992)
Zugeordnete Dokumentationen
- Bestandsaufnahme und Restauratorische Unteruchung
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Befestigungs- und Verteidigungsanlagen
- Turm
Zonierung:
Im Obergeschoss wurden die ursprünglichen Fensteröffnungen verkleinert und mit schmiedeeisernen Fenstergittern versehen.
Die Steintreppe besteht aus sechs gelben Sandsteinstufen, die beiden obersten wurden durch Betonauftrag ausgebessert.
In den Zellen befinden sich gußeiserne Hinterladeröfen aus dem 19. Jahrhundert.
Konstruktionen
- Mischbau
- Steinbau mit Gebäudeteilen aus Holz
- Dachform
- Satteldach
- Decken
- Lehmwickeldecke
- Detail (Ausstattung)
- bemerkenswerte Fenster
- bemerkenswerte Feuerstätten
- bemerkenswerte Treppen
- bemerkenswerte Türen
- besondere Bodenbeläge
- Gewölbe
- Tonnengewölbe
- Dachgerüst, verstärkende Einbauten
- Sprengbund
Der verputzte Massivbau ist bis zur Traufe aus teilweise sehr großen roten Sandsteinquadern gemauert und mit kleineren Bruchsteinen oder schmalen Backsteinen im Mörtelbett ausgefugt. Die Eckquaderung ist in Lang-Kurzwerk ausgeführt. Der Fachwerkgiebel (Zierfachwerk aus Kreuzbügen) ist über einem Schwellbalken auf der Mauerkrone errichtet und mit einem Satteldach versehen. Das Dach ist mit Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Das Erdgeschoss ist tonnengewölbt. Bei dem Boden im Erdgeschoss handelt es sich um Lehmboden mit Sandsteinaufschüttung aus jüngster Zeit. Das Abwasserrohr vor der Ostwand gabelt sich in zwei Toilettenabflüsse aus den Gefängniszellen des Obergeschosses. Der Abfluss mündet in eine ausbetonierte Sickergrube. An der Südseite befindet sich eine Toröffnung und an der Ostseite eine Schießscharte.
Die Innenwände im Obergeschoss bestehen aus Bruchsteinmauerwerk. Bei der Decke handelt es sich um eine Balkendecke mit Lehmwickelfüllung. An der Ost- und Nordwand des Vorraumes befinden sich Öffnungen (Eisentürchen) zur Befeuerung der Hinterladenöfen in den Gefängniszellen. Die Ofenrohre aus der Zelle münden in einem offenen Rauchfang vor der Nordwand. Der Boden im Vorraum besteht aus roten Sandsteinplatten im südlichen und flachen Backsteinen im nördlichen Raumbereich. Die nördliche Zelle ist ein tonnengewölbter Raum mit mit schräger Einschnitt der Türöffnung an der Südwand. Das Türgewände besteht aus rotem Sandstein, das Türblatt aus breiten Bohlen in einfacher Bauweise (aufgenagelte Frieshölzer). Die Ostwand ist mit Bohlen verkleidet, diese sind mit Eisenbändern in den Längswänden verankert.
Der Boden der nördlichen Zelle besteht aus breiten Dielen, die stellenweise durch schmale Dielen ausgebessert wurden.
Die östliche Zelle überzieht eine Holzbalkendecke mit Lehmwickelfüllung. Der Bodenbelag besteht ebenfalls aus breiten Dielen, die stellenweise durch Schmalere ausgebessert wurden. An der Westwand befindet sich die Türöffnung. Der hölzerne Türpfosten ist auf eine rote Sandsteinschwelle gestellt (Eisenbänder zur Verankerung im Stein). Bei der Tür handelt es sich um ein aufgedoppeltes Türblatt aus breiten Bohlen in einfacher Bauweise (aufgenagelte Frieshölzer). An der Ostwand befindet sich eine quadratische Fensteröffnung in einer flachen Nische. Bei dem Fenster handelt es sich um ein Kippfenster aus dem 19. Jahrhundert mit Sprossen. Im Brüstungsbereich wurde die Abzeichnung eines regelmäßigen Steinquaderverbandes und einer Sandsteinplatte als Sohlbank eingesetzt.
Der Dachstuhl wurde als liegender Stuhl in Sprengwerkkonstruktion in Nord- Südrichtung ausgeführt. Die Streben sind in die Mittelpfetten verzapft, die auf Balken zur Aussteifung aufgekämmt wurden. Zwischen den Fußpunkten der Sparren befindet sich Bruchsteinmauerwerk mit Kalksandmörtelbestich. Die östliche und westliche Giebelwand ist in Fachwerkbauweise mit Kalk-Mörtelbestich errichtet.