Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem

ID: 171834841617  /  Datum: 22.02.2016
Datenbestand: Bauforschung
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Objektdaten

Straße: Klosterhof
Hausnummer: 4
Postleitzahl: 88353
Stadt-Teilort: Kißlegg

Regierungsbezirk: Tübingen
Kreis: Ravensburg (Landkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8436052071
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes
Geo-Koordinaten: 47,7800° nördliche Breite, 9,8700° östliche Länge

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

Weitere Objekte an diesem Wohnplatz

Wohnhaus, Jägerstraße 4 (88353 Kißlegg)

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Die Umstände der Entstehung des Franziskanerinnenklosters liegen im Dunkeln. Nach der wenig glaubwürdigen Klostertradition entstand das neben der Pfarrkirche am Zeller See gelegene Kloster aus einer Männerklause, deren Bewohner um das Jahr 1000 mit Jungfrauen aus Weißenau bei Ravensburg ihre Wohnung getauscht haben sollen. Eine weitere Überlieferung berichtet von einer Schwester aus Weingarten, die "das Hauß mitt den Schwestern anngefangen" habe, und von einer Mutter Elisabeth Straserin, die mit der Franziskaner-Terziarin Elisabetha von Reute freundschaftlich verbunden gewesen sei.

Urkundlich nachweisen lässt sich die Klause ab 1420. Bei der in diesem Jahr erfolgten Stiftung der Marienkaplanei wurden "der Clausnerin" sechs Pfennig für das Jahrtagsgebet zugedacht. 1447 werden bereits die "Klosterfrauen im Dorf Kißlegg" als Käuferinnen eines Gartens genannt. 1457 erhalten die "Closmeren" sechs Pfennig für das Jahrtagsgebet und in Urkunden von 1460 bis 1466 ist sodann von Schwestern in der "Clusum" und von "ehrbaren geistlichen Schwestern" die Rede. Eine Mitwirkung der örtlichen Herrschaftsfamilie Schellenberg bei der Begründung der Klause ist wahrscheinlich.

Spätestens 1471 gehörte die Gemeinschaft dem dritten Orden des hl. Franziskus an, bereits 1467 ist eine "Mutter" als Oberin genannt. 1486 schloss sich der Konvent den Franziskaner-Observanten an. Die geistliche Betreuung und Beaufsichtigung stand dem Guardian des Observanten-Klosters Lenzfried bei Kempten zu. Im Jahr 1494 erfolgte die päpstliche Bestätigung des Klosters, die im Jahr 1571 erneuert wurde. Beichtvater der Schwestern war meist der örtliche Pfarrherr.

Nach und nach konnten die Schwestern durch Kauf und Schenkung mehrere Grundstücke und kleine Waldungen erwerben. Außerdem standen ihnen jährliche Geldzinsen und Naturalabgaben zu, die häufig mit der Verpflichtung zum Gebet und zur Almosenausteilung bei Jahrtagsgottesdiensten verbunden waren. Ihre wirtschaftlichen Grundlagen verbesserten die Schwestern durch Krankenpflege im Ort, durch Besorgung von Hostien, Kirchenwäsche, Wachs, Reparatur und Reinigung von liturgischen Geräten in den Kirchen der Umgebung sowie durch Ausleihe von Kapitalien gegen Zins.

Der Konvent bestand durchschnittlich aus 15 Schwestern, die meist bäuerlichen oder handwerklichen Familien der Umgebung entstammten. Eine Schwester gehörte dem benachbarten niederen Adel an. Innerhalb des Konvents wurde nicht wie in anderen Frauenklöstern zwischen erst- und zweitrangigen Schwestern unterschieden. Nach dem einjährigen Noviziat konnte jede Schwester zu jeder Aufgabe eingeteilt werden, selbst zum Almosensammeln. Eine eingeschlossene Schwester ist lediglich ein einziges Mal, im Jahr 1628, erwähnt. An Ämtern waren zu vergeben: die Mutter, die Helfmutter, die Novizenmeisterin, die Küchenmeisterin, die Pförtnerin, die Krankenschwester und die im Waschhaus Aufsicht führende Schwester.

Vom ursprünglichen Klostergebäude ist nichts Näheres bekannt. 1548 wurde es mit dem ganzen Ort, laut Klosterchronik zum zweiten Mal, ein Raub der Flammen. Das im Jahr 1549 neu erbaute Haus musste auf Grund baulicher Mängel 1662 abgebrochen und wiederum neu erstellt werden. Zum Kloster gehörte spätestens Anfang des 17. Jh. ein Gästehaus und ein Zehntstadel. Eine eigene Kirche besaßen die Schwestern zunächst nicht; über einen geschlossenen Gang konnten sie jedoch in ein Oratorium in der Pfarrkirche gelangen. Mit dem Neubau des Klosters 1662 erhielten sie dann eine Klosterkirche, die 1663 zu Ehren der lieben Frau in Bethlehem geweiht wurde. Damals kam der Name "Maria Bethlehem" für das Kloster auf.

Die Aufhebung ihres Klosters im Jahr 1806 durch das Haus Waldburg-Wurzach konnten die Schwestern durch eine 1804 eingerichtete Mädchenschule nicht verhindern. Der Konvent und die Schule blieben zwar bestehen (die Schule bis 1819); durch das Verbot von Neuaufnahmen starb das Kloster jedoch 1854 aus. Bereits 1841 hatte die Gemeinde das Klostergebäude übernommen und als Schul- und Rathaus eingerichtet. Im 20 Jh. kehrten Schwestern in das Haus zurück, Vinzentinerinnen von Untermarchtal, die den hier untergebrachten Kindergarten sowie eine Krankenpflegestation betreuten. 1964 ging das Gebäude auf die katholische Kirchengemeinde über und wird seither auch als katholisches Gemeindehaus genutzt. Die vorerst letzte Schwester verließ im Jahr 2002 die Schwesternstation im ehemaligen Kloster (THOMAS WEILAND, Klösterdatenbank, http://www.kloester-bw.de, abgerufen am 26.02.2016).

Es gibt drei Hauptbauphasen:
• der Wiederaufbau des 1548 abgebrannten Klosters im Jahr 1549 (a/d),
• der Neubau des 1650 erworbenen Nachbargebäudes "Schneiderhaus" im Jahr 1656 (a/d),
• die Erweiterung zur heutigen Gebäudegröße im Jahr 1662 (a/d).

Umbauten erfolgten 1763 (d), 1840-44 und 1964 (a).


1. Bauphase:
(1549)
Wiederaufbau des beim Stadtbrand 1548 zerstörten Klosters.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)
  • Untergeschoss(e)
Lagedetail:
  • Klosteranlage
    • allgemein
Bauwerkstyp:
  • Wohnbauten
    • Ackerbürgerhaus
Konstruktionsdetail:
  • Steinbau Mauerwerk
    • Wacken/Kiesel

2. Bauphase:
(1620)
Graben eines Gewölbekellers zum Schutz gegen die Schweden.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Untergeschoss(e)

3. Bauphase:
(1656)
Abriß und Neubau des "Alten Schneiderhauses", heute Ostflügel des Gebäudes.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)
  • Untergeschoss(e)
Lagedetail:
  • Klosteranlage
    • allgemein
Bauwerkstyp:
  • Wohnbauten
    • Ackerbürgerhaus
Konstruktionsdetail:
  • Mischbau
    • Steinbau mit Gebäudeteilen aus Holz

4. Bauphase:
(1662)
Anfügen des Südbaus, Verbindung der beiden bisherigen Gebäude zu einem.
Einrichtung einer Klosterkapelle im Nordbau.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)
  • Untergeschoss(e)
  • Anbau
Lagedetail:
  • Klosteranlage
    • allgemein
Bauwerkstyp:
  • Wohnbauten
    • Ackerbürgerhaus
Konstruktionsdetail:
  • Steinbau Mauerwerk
    • Wacken/Kiesel

5. Bauphase:
(1705)
Anbau der Annakapelle an die Kirche, nach Stadtbrand von 1704.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Anbau

6. Bauphase:
(1763)
Anschleppung der Westseite des Süddachs, partieller Ausbau des Dachgeschosses.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Dachgeschoss(e)

7. Bauphase:
(1840 - 1844)
Erwerb durch die Gemeinde Kißlegg, Einrichtung von Schule und Ratsstube.
Abriß von Annakapelle und Chor der Kirche sowie der Verbindungsgänge zu Nebengebäuden und Pfarrkirche. Einrichtung einer Arrestzelle im Keller.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Untergeschoss(e)

8. Bauphase:
(1932 - 1934)
Einbau von Wohnungen im Ostbau.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)

9. Bauphase:
(1949)
Dachgeschoßausbau im Ostbau.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Dachgeschoss(e)

10. Bauphase:
(1964)
Umbau und Modernisierung im Stil der 1960er Jahre.
Einbau des Saales im Obergeschoß, dadurch Eingriffe in die historische Bausubstanz, bes. die Dachkonstruktion.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)
  • Ausstattung

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Abbildungsnachweis
Westfassade.
Linker Gebäudeteil: Nordbau, ursprüngliches Kloster von 1549,
rechter Gebäudeteil mit angeschlepptem Dach: Südbau von 1662.
Dachausbau 1763 (d). / ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem in 88353 Kißlegg (19.07.2015 - Dr. Claudia Mohn, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg)
Abbildungsnachweis
Südbau von 1662, Südgiebel / ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem in 88353 Kißlegg (19.07.2015 - Dr. Claudia Mohn, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg)
Abbildungsnachweis
Ostbau von 1656, Ostgiebel / ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem in 88353 Kißlegg (19.07.2015 - Dr. Claudia Mohn, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg)
Abbildungsnachweis
Linker Gebäudeteil: Ostbau von 1656,
rechter Gebäudeteil: Nordbau von 1549. / ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem in 88353 Kißlegg (19.07.2015 - Dr. Claudia Mohn, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg)
Abbildungsnachweis
Bauphasenplan, EG / ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem in 88353 Kißlegg (Zwicker, Susanne)
Abbildungsnachweis
Das Franziskanerinnenkloster Kißlegg. Ölgemälde von A. Walser, um 1830. / ehem. Franziskanerinnenkloster Maria Bethlehem in 88353 Kißlegg (http://www.kloester-bw.de/klosterbasisdaten.php?nr=685&thema=&kreis=&bistum=&alle=&art=&orte=1&buchstabe=K&ungeteilt=&zeigekapitel=, abgerufen am 26.02.2016)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Verformungsgerechtes Aufmaß und bauhistorische Untersuchung

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Das ehemalige Kloster liegt im historischen Ortskern von Kißlegg im Allgäu und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft der Pfarrkirche SS Gallus und Ulrich.
Der älteste Gebäudeteil von 1549 liegt mit seinem Nordgiebel direkt gegenüber des Kirchturms.
Lagedetail:
keine Angaben
Bauwerkstyp:
  • Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
    • Schule, Kindergarten
  • Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
    • Versammlungsstätte
  • Sakralbauten
    • Frauenkloster
    • Kloster, allgemein
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Die beiden ehemals eigenständigen Häuser, der Nord- (1549) und Ostteil (1656), wurden durch Anfügen des Südteils (1662) zu einem Gebäude mit T-förmigem Grundriß.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
Der Ostbau bildet nach wie vor einen separaten Trakt mit eigenem Zugang und ist nur im Obergeschoß mit den anderen Gebäudeteilen verbunden.
Nord- und Südbau sind durch Abbruch der alten Giebelwand zu einer Einheit geworden.
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
Das Gebäude ist heute katholisches Gemeindehaus. Ein Gebäudeteil wird als Kindergarten genutzt, das Dachgeschoß ist teilweise ausgebaut und vermietet.
Risse, besonders in West- und Südfassade zeugen von statischen Problemen.
Am Übergang vom Süd- zum Ostdach gibt es Wasserschäden an den Fußpunkten.
Verlust von bauzeitlicher Substanz durch Saaleinbau 1964 im Obergeschoß, ansonsten wurde an der Aufteilung der Räume über die Jahrhunderte weniger geändert, als es zunächst den Anschein hat.
Bestand/Ausstattung:
Gründerzeitliche Ausstattung (Wandvertäfelung) im ehemaligen Ratszimmer im Erdgeschoß des Ostbaus.
Sonstige Oberflächen wie Böden, Treppen, Decken und Türen aus der Umbauphase 1964.

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
keine Angaben
Konstruktion/Material:
Massivbau, Nordgiebel und Westgiebel des Ostbaus: Fachwerk mit Ziegelausmauerung.
Alle Dächer aus Nadelholz, im Nordbau liegender Stuhl, Ost- und Südbau stehender Stuhl.
Süddach durch Dachausbau verändert.

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