Domturm (Rottenburg)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Gasthaus zum Lamm

ID: 202798741317  /  Datum: 24.02.2016
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Wirtsgasse
Hausnummer: 1
Postleitzahl: 74532
Stadt-Teilort: Illshofen

Regierungsbezirk: Stuttgart
Kreis: Schwäbisch Hall (Landkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8127043004
Flurstücknummer: 580
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes
Geo-Koordinaten: 49,1733° nördliche Breite, 9,9421° östliche Länge

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

Weitere Objekte an diesem Wohnplatz

keine

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Das denkmalgeschützte Gasthaus zum Lamm ist eine rund 350 Jahre alte Dorfwirtschaft. Das historische Wirtshaus wurde im Jahr 1598 (d) errichtet und während der vergangenen vierhundert Jahre in mindestens drei wesentlichen Aktionen verändert und baulich vergrößert. Im 17. Jahrhundert werden Reparaturen an der Westfassade ausgeführt. Um 1790 wurden im Zuge einer Generalsanierung die östliche Erdgeschosswand einschließlich einer neu platzierten Südwand in Sandstein ersetzt. Außerdem wurde der Baukörper um 1,5 m nach Süden hin verlängert, ein Kriechkeller und eine Stube wurden eingebaut. Um 1850 und 1890 wurden die Grundrisse nochmals verändert und die heute noch vorhandene Innentreppe eingebaut. Um 2012 wurde das Gasthaus durch die neuen Eigentümer über mehrere Jahre hinweg restauriert.


1. Bauphase:
(1598)
Im Jahre 1598 (d) wurde das Wirtshaus neu erbaut.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Dorf
Bauwerkstyp:
  • Anlagen für Handel und Wirtschaft
    • Gasthof, -haus

2. Bauphase:
(1600 - 1699)
Im Verlauf des 17. Jh. werden Reparaturen an der Westfassade notwendig, vermutlich weil die Witterung hier die Bauhölzer im Erdgeschossfachwerk zerstört hat. Die Ersatzwand wird in großformatigen, örtlich gebrochenen Kalktuffblöcken in mehreren Etappen ausgeführt. An der Westseite werden zwei Hauszugänge in Kalksteingewänden eingefügt. Die zwischenzeitlich zugemauerte, nördlich gelegene Tür führte vermutlich in die einstige Brauerei, die Südliche stellt die Hoferschließung des mittig im Grundriss gelegenen Durchgangflures dar.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss

3. Bauphase:
(1790)
An der Ostseite wurde im Zuge einer Generalsanierung um 1790 durch den damaligen Wirt A. C. Pfister die gesamte Erdgeschosswand einschließlich einer neu platzierten Südfassade in Sandstein ersetzt, wobei die Fenster- und Türgewände als zeittypisch profilierte und „geohrte“ Gewände eingesetzt wurden. Pfister lies bei dieser Baumaßnahme den ganzen Baukörper um 1,5 m nach Süden verlängern, einen Kriechkeller einbauen und die Erdgeschossstube einrichten, welcher vermutlich ab diesem Zeitpunkt als Haupt-Wirtsstube diente. Zeitgleich wurde vermutlich die Wirtschaft in das bis dahin lediglich mit Kleinviehstallungen, Backofenraum, Schnapsbrennerei und Lagerbereichen genutzte Erdgeschoss verlegt und die einstigen Obergeschossräume wurden zum Festsaal, zu Gesellschaftszimmern und einem Wohn-Schlafzimmer der Wirtsfamilie umgebaut. In der Mode jener Zeit erhalten vermutlich alle Räume, vollflächige Wand- und Deckenputze, teilweise mit Stuckkanten. Die Wände wurden farbig gefasst.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Untergeschoss(e)
  • Ausstattung

4. Bauphase:
(1850 - 1890)
Um 1850 und um 1890 griffen abermals die Handwerker in den Bau ein. Hierbei geschahen weitere Veränderungen der Grundrisse mit der Reduktion des Flures im Obergeschoss zugunsten neuer Stubengrundrissverhältnisse - aber zu Ungunsten der Gebäudestatik - und um 1890/ 1900 mit einer erneuten Veränderung des Flur- und Erschließungsbereiches; einschließlich dem Einbau der heute noch erhaltenen Innentreppe.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)

5. Bauphase:
(1945)
Modernisierungen im Bereich der Sanitäreinrichtungen und der Gaststube im Obergeschoss erfolgten erst in den Jahren nach 1945, respektive in den 1960er Jahren, als das „Lamm“ ein gut frequentierter, aber auch berüchtigter Treffpunkt amerikanischer Soldaten zwischen deren damaligen Kasernenstandorten Crailsheim und Schwäbisch Hall geworden war.
Als die Zeit der Dorfwirtshäuser als wichtiger Kommunikationstreffpunkt in den ausgehenden 1970er Jahren schleichend zu Ende ging, reagierte auch der damalige Besitzer des Hauses mit einem neuen Außenanstrich, neuer Fenster und einer letzten Innenrenovierung in den Erdgeschoss-Gasträumen. Aber angesichts der dabei verwendeten Materialien und brachialen Methoden hat dieser Eingriff dem Haus mehr geschadet als genutzt. Die dabei ebenfalls teilerneuerte Einrichtung im „Brauereikatalog-Resopal-Charme“ und die kitschig-schmiedeeisernen Gardinenstangen holte die für die heimischen Fernsehempfänger abwandernden Wirtshausgäste nicht zurück.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)

6. Bauphase:
(2004 - 2008)
Der letzte Pächter schließt den Betrieb im Jahre 2003, danach steht das Gebäude einige Zeit ohne Nutzung.
2004 wird durch den Bauforscher und Sanierungsplaner Gerd Schäfer nach einer eingehenden Untersuchung des Objektes 2005 vorgeschlagen, das historische Wirtshaus als „museales Dorfwirtshaus“ im Familienbetrieb zu revitalisieren.
Seit 30.10.2008 ist das Gasthaus zum Lamm wieder in Betrieb.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Südansicht / Gasthaus zum Lamm in 74532 Illshofen, Großallmerspann (07.02.2007)
Hofansicht im Westen / Gasthaus zum Lamm in 74532 Illshofen, Großallmerspann (07.02.2007)
Gasthaus zum Lamm in 74532 Illshofen, Großallmerspann (05.06.2009)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Fotodokumentation
  • Dendrochronologische Untersuchung

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Der Standort des urigen Objektes zwischen den Autobahnabfahrten Ilshofen/ Wolpertshausen (West) und Kirchberg/Ilshofen (Ost) in unmittelbarer Nähe zur Autobahn A6, an der alten B14 und im gegebenen bäuerlich-ländlichen Ambiente. Das „Lamm“ befindet sich mitten im kleinen Dorf Großallmerspann, genau gegenüber der Kirche. Das Ensemble Kirche/ Wirtshaus /Schulhaus stellt am Schnittpunkt von Kirchgasse und Wirtsgasse das Dorfzentrum dar.
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Dorf
Bauwerkstyp:
  • Anlagen für Handel und Wirtschaft
    • Gasthof, -haus
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Zweigeschossiger und verputzter Satteldachbau.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
In der Raumabfolge „Wirtschaft – Saal – Nebenzimmer“ erschließt sich eine tradierte Funktionsraumabfolge im historischen Dorfwirtshaus. Für die „besseren Leut“ gab es in der Regel in jeder Wirtschaft einen eigenen Raum, damit sie während ihre Reiseaufenthalte nicht beim „gemeinen Volk“ sitzen mussten
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
Vorzustand:
Der Grundriss des Hauses war ursprünglich in drei Zonen gegliedert und in drei Schiffe eingeteilt. In dem quermittig erschlossenen Erdgeschossgrundriss wurden allerdings im Zuge von Umbaumaßnahmen bereits im 18. Jh. Querwandachsen teilweise aufgelöst, respektive verschoben, so dass die Statik des Hauses bereits beeinträchtigt war, noch bevor derselbe Prozess des „Wändeverschiebens“ während Umbauten im 19. Jh. auch das Obergeschoss heimsuchte.

Trotz mehrerer, deutlich im Gefüge erkennbarer Umbauten bewahrt das Gebäude aber noch sehr umfangreiche Dekorationsstratigraphien aus seiner mehr als 400 Jahre alten Baugeschichte, insbesondere in den Räumen des Obergeschosses.

Unter dem steilen Giebel des Hauptgebäudes liegen drei Dachböden auf liegenden Dachstuhlwerken, von welchen insbesondere jener im 1. Dachgeschoss mit einer ursprünglichen Freiüberspannung von rund 12 m Hausbreite ein handwerksgeschichtliches Denkmal für sich darstellt.

Die Nordansicht des Hauses zeigt heute eine schlichte Fassade. Die Fensteröffnungen stammen allesamt aus jüngeren Veränderungen.

Schäden:
Weil der Ortgang bei der letzten Instandsetzung (um 1980?) zu knapp bemessen worden ist, wird die Fassade bereits bei windfreiem Regen nass.
Das deformierte Mauerwerk des Erdgeschosses nimmt dabei besonders viel Wasser auf.
Das Mauerwerk der Westwand zeigt, die von Durchbiegekräften der Decke über dem EG fehlenden Querbindeelementen in beiden Etagen an diesem Bereich und durch die Schubkräfte des Dachwerkes, auf den sich absetzenden Bereich, eine deutliche Deformation. Die Deformation der Westwand über dem Bereich der westlichen Haustür geht bereits nahe an 20 cm Ausbauchung der hier rund 50 cm dicken Wand. Das Erdgeschoss an allen vier Hausseiten ist wohl bereits 1790 mit massivem Muschelkalkblöcken komplett erneuert worden.

Im Rahmen der laufenden Arbeiten kam zu Tage, dass die Fundamente der Flurwände im Erdgeschoss erneuert bzw. überhaupt erst hergestellt werden mussten, weil diese Wände im Rahmen von Umbaumaßnahmen im ausgehenden 18. Jh. lediglich auf – zwischenzeitlich zergangenen - Holzschwellen auf nackter Erde ausgelegt worden waren.

Das mächtige Satteldach verfügt über drei Nutzebenen und ein liegendes Stuhlwerk, dessen ursprünglich frei über 12 Meter Hausbreite gespannten, liegenden Stuhlbinder als die am weitesten gespannten Stuhlbinder auf einem Profanbau vor 1600 im Landkreis und in der Region gelten können.

Im Zuge der Sanierung des Hauses und seiner Konstruktion mussten bis auf eine Bretterkammer alle Holzverschläge und jüngeren Einbauten im 1. DG entfernt werden. Die noch lesbaren Reste wurden vor der Demontage dokumentiert, damit die Spuren der einstigen „Fremdenzimmer“ auf dem Dachboden gesichert sind.
Bestand/Ausstattung:
Diverse Stühle, Betten, Schränke, Truhen, Nachtschränkchen, Öfen, Küchenbuffet, Lesepult, Porzellan, etc.

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Dachgerüst Grundsystem
    • Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
  • Verwendete Materialien
    • Putz
  • Holzgerüstbau
    • allgemein
Konstruktion/Material:
Das Gebäude ist eindeutig als zweigeschossiger Fachwerkbau errichtet worden.
Der dabei aufgeschlagene Dachstuhl stellte sich im Rahmen der Bauuntersuchung als kleine Sensation heraus:
Das vierzonig aufgeteilte Dachwerk wird im 1. DG von drei liegenden Stuhlgebinden getragen, die ursprünglich ohne jede weiter Unterstützung über eine Spannweite von 12 m aufgestellt sind! Die als Langbüge fungierende, in Verwendung als naturwüchsig ausgesuchte Krummhölzer eingesetzten Spannriegel tragen über die gesamte Längsmittelachse des Gebäudes eine eingezapfte Pfette, und damit die Biegekräfte des 1. Kehlbodens in die Außenwände ab.
Nicht nur, dass dieser Dachstuhl jener mit der am weitesten bislang für die Region bekannten Aufstellspannweite ist, er hat auch in seinen Details eine ausnehmend ausgefeilte, um nicht zu sagen, gewagte Statik.
Über den beiden Giebeln des Ursprungbauwerks konnten die für die bäuerlichen Häuser des 17. Jh. in der Region typischen Schopfwalme nachvollzogen werden, von welchen der südliche 1790 mit der Verlängerung des Hauses entfiel und der nördliche wohl erst im 20. Jh. beseitigt worden ist.

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