Schiefes Haus (Großbottwar)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Schloss Obertalfingen

ID: 341213349497  /  Datum: 07.09.2005
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Obertalfinger Weg
Hausnummer: 39
Postleitzahl: 89075
Stadt-Teilort: Ulm - Obertalfingen

Regierungsbezirk: Tübingen
Kreis: Ulm (Stadtkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8421000002
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

Ist Gebäudeteil von:
keine Angabe

Besteht aus folgenden Gebäudeteilen:
1. Beinhaltet Bauteil: Remise, Obertalfinger Weg 39/1

Umbauzuordnung

keine

Weitere Objekte an diesem Wohnplatz

Remise, Obertalfinger Weg 39/1 (89075 Ulm - Obertalfingen)

Bauphasen

1. Bauphase:
(1540)
Als Baujahr des Obertalfinger Schlosses konnte durch fünf Bohrproben sowie durch arichvalische Quellen das bereits in der Literatur und am Gebäude inschriftlich genannte Datum 1540 bestätigt werden. Dass die Bauhölzer nicht während eines einzigen Jahres geschlagen wurden, sondern aus mindestens drei unterschiedlichen Fällungen stammen, erklärt sich durch die Tatsache, dass im Ulmer Gebiet geflößtes und damit auch gelagertes Holz verarbeitet wurde.
Archivalisch ist belegt, dass Eitel Eberhart von Besserer, ulmischer Bürgermeister und württembergischer Rat, das Talfinger Bad im Jahr 1540 kaufte. Dieses Bad und sein Gesundbrunnen wurden bereits 1404 erstmals erwähnt. 1466 befand es sich im Besitz von Graf Friedrich von Helfenstein, der damals den Ulmer Bürger Paul Roth mit dem Bad belehnte. Für das gleiche Jahr wird in der Literatur auch die Familie Schermar als Besitzer aufgeführt. Eine Quelle aus dem Jahr 1475 berichtet schließlich vom Verkauf des Talfinger Gesundbrunnens mit Bad, Baumgarten, zwei Brunnen, dem großen Garten und dem Tobel durch Friedrich Graf von Helfenstein an Hans Seybold, der zuvor bereits Lehnsnehmer des Helfensteiner gewesen war. In der selben Quelle wird auch der Ulmer Bürger Paul Roth als Teilbesitzer genannt. Auch in den Ratsprotokollen der Jahre 1501, 1524, 1537 und 1538 ist vom Talfinger Bad die Rede, das zum Kauf steht.
In keiner dieser Quellen wird ein Schlossgebäude aufgeführt, doch wird in dem Schriftstück des Jahres 1475 zweimal die Ortsangabe “Burgberg” verwendet. Dies deutet darauf hin, dass sich in der Nähe des Bades schon in früherer Zeit eine Burg befunden hat.
Am vorhandenen Schlossgebäude finden sich keine Hinweise auf erhaltene Substanz eines Vorgängerbaus. Nur die schräge Nordwand könnte auf die Benutzung älterer Fundamente zurückzuführen sein.
Die geoelektrische Prospektion von 2002 belegte jedoch weitere ältere archäologische Mauerwerkszüge südöstlich des Schlossgebäudes.
Das Schlossgebäude stammt vom Keller bis zum Dach aus einer Bauphase. Zusammengenommen deuten die Dendrodaten und die Archivalien auf Eitel Eberhart von Besserer als Bauherren hin. Dieser führte seit Erwerb des Bades und Bau des Schlosses den Namen “Besserer von Thalfingen”.
Der Bau von 1540 besitzt ca. 65 cm starke Außenwände aus Ziegelsteinmauerwerk. Die Ziegelformate betragen 34 auf 17 auf 7 cm. Binder und Läufer wechseln sich in unregelmäßiger Folge ab. Für die Fundamente und die Stirnwände der beiden Gewölbekeller wurden zudem Bruchsteine vermauert.
Das Dachwerk von 1540 besitzt im 1. und 2. DG sechs innenliegende Querbinder mit liegendem Stuhl auf liegenden Stuhlschwellen. Die Spannriegel der Binder sind mit Versatz zwischen die Stuhlstreben gezapft und mit Kopfbändern ausgesteift. Eine eigene Bundzählung existiert im Dach nicht. Statt dessen werden die 23 Sparren von Westen nach Osten durchgezählt. Die Hölzer der Binder sind mit den entsprechenden Zahlen der Sparren markiert. Querbinder liegen in der Ebene der Sparren 4, 7, 10, 13, 16 und 19. Der Windverband besteht aus Andreaskreuzen.
Die Querwände in den Vollgeschossen tragen dagegen eine Bundkennung aus einem Strich mit dreieckigen Piken. So sind die Fachwerkwände des OG-Flures als Bund 2 (Westwand) und Bund 3 (Ostwand) gekennzeichnet.
Sowohl im EG als auch im OG gliedern die Innenwände die Grundrissfläche in zwei Längs- und drei Querzonen. Die schmälere Mittelquerzone dient dabei als Flur zur Erschließung der außenliegenden südliche Eckräume. Die Querwände des EG sitzen in der Flucht der Dachquerbinder 10 und 16. Auch im OG waren in Bauphase 1, 1540 in der gleichen Flucht Querwände vorhanden, allerdings nur in der südlichen Längszone, wo sich an den Gebäudeecken je eine große Stube befand. In der nördlichen Längszone sind die Bundwände versetzt: Der westliche Innenbinder wurde um zwei Balkenfelder nach Westen versetzt. Durch eine zusätzliche Querwand wurde der Querflur um zwei Balkenfelder verschmälert. So fand in der nördlichen Längszone die Küche als vierter Raum ihren Platz.
Die Fachwerkinnenwände sind mit zwei Riegelreihen und Schwelle-Rähm-Streben ausgesteift. Abweichend vom üblichen Abbund sind nicht nur die Ständer und die oberen Riegel, sondern auch die unteren Riegel und die Streben mit Holznägeln gesichert. Statt der Schwelle-Rähm-Streben kommen im 1. OG an den Flurwänden gegen die Stuben wandhohe Andreaskreuze vor. Die Türöffnungen besitzen Sturzriegel, die mit einem Versatz zwischen die Ständer gezapft wurden, sie sind umlaufende gefast und gefalzt. Die Fase endet mit einem Auslauf. Die Ausfachungen bestehen aus Ziegelsteinmauerwerk.
Statt des Treppenturmes dienten in Bauphase 1, 1540 Innentreppen in der mittleren Flurquerzone der Erschließung der Stockwerke. Die abgesägten Wechselbalken des Treppenlochs, die Auflager für die Treppenwangen, die zum Verschluss in Bauphase 2 eingezogenen Deckenbalken im EG und 1. OG belegen dies deutlich. Mit Anbau des Treppenturmes wurde der nördliche EG-Zugang aus Bauphase 1, 1540 verschlossen. Die erhaltenen Fragmente des stichbogigen Eingangs und des darüber liegenden Oberlichts mit seiner bunten Fassung in den Farben gelb, schwarz und rotbraun stellen einen wichtigen Befund dar.
Den Bewohnern des Schlosses standen zwei Aborte zur Verfügung. Einer befand sich im nordwestlichen Eckraum und verlief innerhalb der nördlichen Außenmauer, der zweite war als Aborterker der östlichen Giebelwand vorgelagert und gehörte zum nordöstlichen Eckraum. Bei diesen Räumen, die nur über die jeweilige Stube zu betreten waren, handelte es sich um Schlafkammern. Beidseitig des Flures existierte somit je ein abgeschlossenes Appartement aus Stube und Schlafkammer mit Abort.
Von der Ausstattung aus Bauphase 1, 1540 haben sich die Bohlenbalkendecken der beiden genannten Stuben und die Rankenmalerei zwischen Arabeskenfeldern an der Flurdecke des 1. OG erhalten. Bis auf die Stuben und die Küche dürften alle Räume des OG ähnliche Deckenbemalungen besessen haben. Darauf deuten die erhaltenen Arabeskenmalereien an den Deckebalken des nordwestlichen Eckraums und die im 2. OG noch vorhandenen bzw. befundeten Rankenmalereien im nordwestlichen und nordöstlichen Eckraum hin. Die Fachwerkwände im OG besaßen vermutlich schon in dieser Bauphase eine graue Farbfassung.
Das Schlossäußere unterschied sich im Bauzustand 1, 1540 nicht nur durch das Fehlen des Treppenturmes von seiner heutigen Außengestalt. Ein Ölgemälde aus dem Jahr 1653 zeigt, dass an der Südfassade ein größerer Erker mit abgeschlepptem Pultdach und Fenstern, die mit Ziehläden geschlossen werden konnten, vorhanden war. Weiterhin entsprachen der spärlichen Belichtung des EG durch die erhaltenen Okuli kleinere Fenster in beiden Obergeschossen, wobei an der Südfassade je fünf Öffnungen östlich des Erkers und ein Fenster westlich des Erkers saßen. Auch an der Ostfassade waren in den OG’s weniger und kleinere Fensteröffnungen vorhanden. Eine völlig andere Erscheinung dürfte das Schloss jedoch vor allem durch die beiden polygonalen Erker besessen haben, die oberhalb der Traufe an der Südwest- und Südostecke saßen und die Schwalbenschwanz-Zinnen der beiden Giebeldreiecke. Von den Eck-Erkern haben sich keine baulichen Reste erhalten. Nur in den angesetzten äußeren Sparren der südlichen Dachseite ist ein kleiner, letzter Hinweis auf ihre einstige Existenz zu sehen. Auf den Erker vor der Südfassade deuten noch zwei abgeschlagene Konsolsteine im EG hin.
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Lagedetail:
  • Einzellage
    • allgemein
  • Schlossanlage
    • allgemein
Bauwerkstyp:
  • Bauten für Wohlfahrt und Gesundheit
    • Kurhaus
  • Residenz- und Hofhaltungsbauten
    • Schloss
Konstruktionsdetail:
  • Mischbau
    • Außenwand aus Stein
    • Innenwand aus Holz
  • Dachform
    • Satteldach
  • Dachgerüst Grundsystem
    • Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
  • Steinbau Mauerwerk
    • Backstein
  • Decken
    • Balkendecke
  • Detail (Ausstattung)
    • Abtritt
    • bemerkenswerte Wand-/Deckengestaltung
    • Ecktürmchen
    • Floßspuren
    • Wand-, Deckenfassung, Gefachmalerei
  • Gestaltungselemente
    • Zinnengiebel

2. Bauphase:
(1540 - 1653)
Bauphase 2: Vor 1653
Nicht nur die Belege für eine ehemalige Innentreppe, sondern auch die Tatsache, dass die Ziegelsteinmauern des Treppenturmes gegen die bereits verputzte Nordfassade des Schlosses gesetzt wurden, belegt eindeutig, dass das gesamte Treppenhaus erst nachträglich angebaut wurde. Leider führte der Versuch, die beiden Deckenbalken, die zum Verschluss der Treppenlöcher im EG und 1. OG eingezogen wurden, zu keiner absoluten Datierung der Maßnahme: der Balken im OG ließ sich nicht datieren und für den Balken im EG wurde eine Fällung im Winter 1539/40 ermittelt. Dieses Datum legt den Gedanken nahe, ob der Verschluss der Innentreppe und der Anbau des Treppenturmes nicht auf einen Planwechsel noch während der Erbauung des Schlosses zurückgeht. Dass dem jedoch nicht so ist, sondern dass es sich vielmehr um einen zweitverwendeten Balken handelt, dafür sprechen die folgenden Tatsachen: wie erwähnt war die Nordfassade bereits verputzt, als der Treppenturm angebaut wurde. Auch das Dachwerk war aufgerichtet, denn für den Zugang vom Treppenhaus in das Dach wurden einzelne Sparren abgesägt. Einschränkend muss zu diesen beiden Argumenten allerdings angemerkt werden, dass auf dem Putz der Nordfassade keine Farbfassung beobachtet werden konnte und dass im 1. DG eine Türöffnung aus Bauphase 1, 1540 vorhanden ist, die im Bereich des Treppenlochs mündet, welches durch einen Wechselbalken belegt ist.
Das wichtigste Indiz für eine spätere Entstehung des Treppenturmes liefert jedoch die Deckenmalerei im OG-Flur. Die Deckenfelder und Deckenbalken östlich des Treppenlochs waren bereits bemalt, als das Treppenloch geschlossen wurden, denn die Malereien auf dem Balken und den Dielenbrettern des Treppenverschlusses ähneln zwar denen aus Bauphase 1, 1540, doch wurden sie eindeutig von einem anderen Maler unter Verwendung anderer Farben und leicht abweichender Formen ausgeführt. D.h. die Innenausstattung der Bauphase 1, 1540 war abgeschlossen, bevor die Teppensituation verändert wurde.
Den einzigen sicheren Anhaltspunkt für die Datierung des Treppenturmes liefert das Ölgemälde des Schlosses aus dem Jahr 1653 . Auf dieser Darstellung ist der Turm bereits vorhanden, er muss also vor 1653 gebaut worden sein. Im Gegensatz zu seinem heutigen Aussehen besaß er damals noch eine welsche Haube mit bekrönender Laterne.

Die Formen der Stuckausstattung im Treppenhaus mit Blattrosetten, gebundenen Lorbeerkränzen mit Engelsköpfchen und kleinen Büsten in den Gewölbezwickeln sprechen für eine Entstehung um das Jahr 1600. Die kleinen Büsten, die so wirken, als ob sie mit ihrem Hals aus der Wand hinaus wachsen würden, erinnern etwas an die Skulpturen in der Stuckhalle des Alten Rathauses von Esslingen, die von Heinrich Schickhardt und dem Gipsschneider Heinrich Knöpfle in den Jahren 1586-89 ausgestattet wurde. Auch die grau und weiß gehaltene Sgraffito-Quaderung der Turmfassaden mit s-förmigen Eckstrichen und einfachen Faschen um die Fenster, die nach einer restauratorischen Untersuchung durch Kurt Kneer aus Ulm im Zuge der Außenrenovierung im Jahr 1988 rekonstruiert wurde, paßt zu einer derartigen Datierung. Ebenso die grauen Beschlagwerksmalereien im Flur des 1. OG.
Archivalisch gibt es für den Anbau des Treppenturmes keine eindeutigen Belege. Im Registerband zu den Ulmer Ratsprotokollen werden unter der Rubrik “Talfinger Schloß Bauwesen” verschiedene Maßnahmen der Jahre 1580, 1588-90 und 1607 genannt, sie betreffen jedoch alle entweder das Bad, die umgebenden Schlossmauer sowie eine neue Einfahrt zum Schloss. Der Bau einer Mauer um das Schlossgebäude, der etwa im Jahr 1582 erfolgt sein soll, zog einen bis 1590 dauernden Rechtsstreit zwischen Philipp von Besserer und der Stadt Ulm nach sich, da die Mauer offensichtlich teilweise auf Grundstücken der Stadt Ulm errichtet worden war und sich dadurch auch die Thalfinger Bürger in ihren Rechten beschnitten sahen. Es muss sich dabei um die unmittelbare Schlossmauer handeln, die auf dem Ölgemälde des Jahres 1653 zu sehen ist, denn es wird von der Mauer um das Haus zu Thalfingen, und von seiner [Philipp von Besserers] neu erbauten Behausung gesprochen. Dass nicht nur die Mauer, sondern auch das Schlossgebäude als neu erbaut bezeichnet wird, ist etwas verwirrend, ließe sich jedoch dahingehend interpretieren, dass damit möglicherweise die größere Umbaumaßnahmen, wie sie durch den Anbau des Treppenturmes entstanden, gemeint gewesen sein könnten.
Genauso gut könnte jedoch auch die für das Jahr 1606 überlieferte Maßnahme einer “Erweiterung des Schlosses Thalfingen mit der Einfahrt” den Turmanbau mit umfaßt haben.
Im Erdgeschoss ist eine jüngere figürliche Farbfassung auf 1627 datiert.
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Konstruktionsdetail:
  • Dachform
    • Welsche Haube
  • Steinbau Mauerwerk
    • Backstein
  • Detail (Ausstattung)
    • bemerkenswerte Wand-/Deckengestaltung
    • Wand-, Deckenfassung, Gefachmalerei

3. Bauphase:
(1821 - 1840)
BAUPHASE 3, UM 1830
1716 wurde das Schlossgut in ein Fideikommiß umgewandelt, das jeweils an den ältesten lebenden von Besserer ungeteilt vererbt werden sollte.
Aus der Literatur und den Archivalien ist bekannt, dass das Schlossgebäude während der Revolutionskriege im Jahr 1800 zerstört wurde. So schreibt E.E. von Besserer von und zu Thalfingen am 10. Januar 1821, dass “das ganze Gut Oberthalfingen durch die französischen Kriegsvölker rein ausgeplündert u[nd] so ruinirt worden [sei], daß nichts als die vier Mauren stehen [ge]blieben” seien [40]. Während er die Brauerei und die Wirtschaftsgebäude noch im Jahr 1801 wiederherstellen ließ, blieb das Schloss bis zum Zeitpunkt des Schreibens unrenoviert liegen. Die erhaltene Substanz zeigt deutlich, dass die Angaben über den Zerstörungsgrad - zumindest was das Schloss betrifft - stark übertrieben waren. Sie sind vermutlich so zu verstehen, dass das Gebäude wegen der beschädigten Ausstattung unbewohnbar war. So berichtet auch die Oberamtsbeschreibung, dass das Schloss bis in die 1830er Jahre ohne Türme - gemeint sind hier vermutlich die Eckerker über der Dachtraufe - und Fenster etc. offen stand.
Am Westgiebel belegt eine Bauinschrift die Neuaufmauerung der gesamten Westfassade 1828.
Im untersuchten Gebäudebereich lassen sich die Fenster im Treppenturm ihren Stilformen nach mit einer Renovierung in den 1830er Jahren in Verbindung bringen. Da die Fenster im 2. OG die gleichen Beschläge zeigen, liegt es nahe, die durchgreifende Veränderung der Befensterung in beiden Obergeschossen in diese Bauphase zu datieren. Allerdings stammen die vorhandenen Fensterflügel im 1. OG erst aus der folgenden Bauphase. Möglicherweise wurden in diesem Geschoss in Bauphase 3, um 1830 nur die Öffnungen eingebrochen und die Fensterstöcke eingebaut: während die einzelnen Stöcke nämlich uneinheitlich mit differierenden Maßen und unterschiedlicher Anzahl der Zähne am Zahnschnittfries des Kämpfers gearbeitet wurden, sind die späteren Flügel völlig einheitlich. Es wäre also denkbar, dass die Öffnungen um 1830 zunächst nur mit Klappläden verschlossen wurden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die großen Fensteröffnungen erst zu Beginn der folgenden Bauphase um das Jahr 1886 eingebrochen wurden, die Flügel des 1. OG dann im Zuge des Innenausbaus der Jahre 1909/10 folgten, was ebenso die Unterschiede zwischen Stock und Flügel sowie zwischen den Beschlägen des 1. und des 2. OG erklären würde.
Jedenfalls war mit dem Einbau der großen Fenster im 1. OG eine Grundrißveränderung verbunden: die bauzeitliche Stubenwand zwischen den Räumen 1.6 und 1.7 wurde um zwei Balkenfelder nach Westen verlegt.
Aus der Zeit vor den Zerstörungen durch die Revolutionskriege haben sich im Pferdestall des EG die Reste von sehr sorgfältig und aufwendig gearbeiteten Boxen erhalten, die inschriftlich auf das Revolutionsjahr 1789 datiert sind.
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Konstruktionsdetail:
  • Detail (Ausstattung)
    • bemerkenswerte Fenster
    • bemerkenswerte Türen
  • Dachform
    • Pagodendach
    • Satteldach

4. Bauphase:
(1886 - 1909)
BAUPHASE 4, UM 1886 / 1909

Eine umfassende Renovierung fand im Jahr 1886 unter Eitel Eberhard von Besserer statt. Sie ist durch einen Wappenstein mit Inschrift über dem Eingang zum Treppenturm überliefert. Er bewohnte jeweils in den Sommermonaten das Schloddgebäude. Für das 1. Obergeschoss ist gut 25 Jahre später nochmals eine durchgreifende Renovierung in den Jahren 1909 und 1910 belegt: im Schätzungsprotokoll für die Gebäudebrandversicherung, welches im Jahr 1906 begonnen wurde, ist festgehalten, dass sich dieses Geschoss zur Zeit der Einschätzung im Umbau befand. In einem weiteren Schreiben aus dem Jahr 1909 wird deshalb nochmals nachgefragt, welche Räume sich nun in diesem Stockwerk befänden. Die Aussagen der schriftlichen Quellen konnten durch einen Befund am Bau bestätigt werden: auf einer der Fachwerkinnenwände des 1. OG fand sich eine zeitgleich mit den Sockelleisten und den Neorenaissancetüren angebrachte blaue Tapete unter dem Verputz, die auf einer Zeitungsmakulatur sitzt. Dort wird in einem Artikel von der Reise Herzog Albrechts von Württemberg zu Krönungsfeierlichkeiten nach England berichtet. Herzog Albrecht (1865-1939) war vor 1908 in Kassel als General tätig. Von 1908 bis 1913 war er in Stuttgart kommandierender General des württembergischen Armeekorps. In dieser Stellung und als Thronfolger des württembergischen Königs dürfte er als Repräsentant Württembergs zu einer Krönungfeier nach England gereist sein, so daß es sich dabei nur um die Krönung Georgs V. von England im Jahr 1910 gehandelt haben kann.
Den Umbauten um 1886 und 1909/10 ist die gesamte historistische Ausstattung im Stil der Neogotik bzw. der Neorenaissance zuzuordnen. Dazu gehören die Eingangstüren im Treppenturm, die sich mit ihren plastischen Darstellungen auf die Familie von Besserer beziehen, die kassettierten und mit einem Zahnschnitt verzierten Innentüren im OG ebenso wie die großen Fenster, die mit ihrer Teilung, den kleinen Schiebeflügeln und ihren Beschlägen ebenfalls historische Formen kopieren.
Auch die Abtrennung des OG-Flures vom südlichen Raum 1.6 sowie der Verschluss des östlichen Aborts und die Ausgrenzung eines schmalen Flures in der Nordost-Ecke des 1. OG wurden entsprechend einer Bauaufnahme erst nach dem Jahr 1899, also vermutlich im Zuge der Umbauten es Jahres 1910 durchgeführt. Die verschobene Stubenwand zwischen den Räumen 1.6 und 1.7 sowie die großen Fensteröffnungen sind dort dagegen schon als Bestand eingezeichnet.
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Konstruktionsdetail:
  • Detail (Ausstattung)
    • bemerkenswerte Fenster
    • bemerkenswerte Türen

5. Bauphase:
(1941 - 2000)
BAUPHASE 5, 20. JH.

1941 erbte Martha von Besserer von ihrem Vater Konrad von Besserer das Schlossgut, nachdem 1938 durch ein Reichsgesetz das Fideikommiß aufgehoben wurde. Mit ihrem Tod im Jahre 1980 erlosch die Obertalfinger Bessererlinie.
Die Eingriffe des späteren 20. Jh. waren verhältnismäßig gering und betrafen vor allem Sanitärräume und den technischen Ausbau. Noch unter Martha von Besserer wurde östlich an den Treppenturm anschließend ein Aufzug eingebaut, für dessen Zugang die nördliche Außenwand des Schlosses durchbrochen werden mußte.
Weiterhin wurden im späteren 20. Jh. schmale Zwischenwände eingezogen, um im EG einen Schalt- und einen Tankraum einzubauen. Im OG entstanden zwei Bäder. Auch erneuerte man die Kamine. Noch im Plan des Jahres 1899 sind die alten Rauchfänge im Bereich des aus Raum 1.4 ausgegrenzten Heizräumchens und der Küche Raum 1.10 eingezeichnet. Im Jahr 1988 ließen die damaligen Besitzer eine Außenrenovierung durchführen.

Seit 2002 Sanierung von 1. OG, EG und DG.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Abbildungsnachweis
Ansicht von Norden / Schloss Obertalfingen in 89075 Ulm - Obertalfingen, Böfingen (05.12.2001 - Michael Hermann)
Abbildungsnachweis
Wappen der Besserer und aufgemalte Jahreszahl 1540 über der Eingangstüre auf der Südseite / Schloss Obertalfingen in 89075 Ulm - Obertalfingen, Böfingen (03.12.2001 - Michael Hermann)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Bauaufnahme, dendrochronologische Datierung, Bauhistorische Untersuchung
  • 1. Befundnachtrag
  • Bauaufnahme Dachstuhl
  • Zweiter Befundnachtrag
  • Dritter Befundnachtrag

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Liegt auf Anhöhe über dem Donautal bei Thalfingen(Bayern). Ehemaliges Heilbad.
Lagedetail:
keine Angaben
Bauwerkstyp:
  • Bauten für Wohlfahrt und Gesundheit
    • Badhaus
  • Residenz- und Hofhaltungsbauten
    • Schloss
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Das Obertalfinger Schloß ist ein dreigeschossiges, verputztes Ziegelsteingebäude mit Satteldach. Es besitzt einen rechteckigen Grundriss, wobei die nördliche Traufwand leicht schräg verläuft, sodass das Gebäude an der östlichen Giebelseite ca. 50 cm breiter ist als an der westlichen. Der nördlichen Traufseite ist ein nahezu quadratischer Treppenturm aus Ziegelsteinmauerwerk zur Erschließung der Vollgeschosse und des Daches vorgelagert. Dementsprechend ragt er mit einem Geschoss über die Traufe hinaus. Er schließt mit einem Zeltdach ab.
Ein aus einem Flur und zwei gewölbten Räumen bestehender Keller ist lediglich unter der östlichen Querzone des Hauses vorhanden. Hier war die Errichtung eines Kellers durch das abfallende Gelände nach Osten begünstigt.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
keine Angaben
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
keine Angaben
Bestand/Ausstattung:
keine Angaben

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
keine Angaben
Konstruktion/Material:
keine Angaben

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