Hohes Haus (Schwäbisch Hall)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

Gasthaus "Harmonie"

ID: 198086735019  /  Datum: 12.01.2016
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Bachstraße
Hausnummer: 29
Postleitzahl: 72351
Stadt-Teilort: Geislingen

Regierungsbezirk: Tübingen
Kreis: Zollernalbkreis (Landkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8417022005
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

Weitere Objekte an diesem Wohnplatz

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Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Im Vorfeld des geplanten Umbaus erfolgte im Oktober 2010 eine Voruntersuchung und dendrochronologische Altersbestimmung, zusammen mit Systemgrundrissen des Dachwerks. Die entnommenen Proben wurden Hans-Jürgen Bleyer, aus Metzingen, zur Auswertung übergeben. Daraufhin wurden im Inneren von Erd-, Ober- und erstem Dachgeschoss alle jüngeren Einbauten herausgenommen, was im Obergeschoss sämtliche Innenwände umfasste, da sich hier ein Saal über die gesamte Grundfläche ausgedehnt hatte. Auch im Erdgeschoss verblieben nur geringe Teile von älteren Innenwänden.

Im Rahmen des Umbaus wurden im Frühjahr 2012 das gesamte Holzwerk zur teilweisen späteren Wiederverwendung abgetragen und von der verbliebenen Umfassungsmauern des Erdgeschosses der Putz auf der Innenseite und teilweise auf der Außenseite abgeschlagen.

Mit dem Ausbau des größten Teils der Innenwände und der Ausstattung ging ein beträchtlicher Teil der Spuren verloren, anhand derer spätere Umbauten und Nutzungsveränderungen hätten nachvollzogen werden können.
Befunde im Erdgeschoss ließen erkennen, dass die Öffnungen der Traufwand bereits schon vor einem späteren Umbau starke Veränderungen erfahren hatten, ohne dass sich nachvollziehen ließ, in welcher Form dies geschah und auch keine genauere zeitliche Einordnung möglich war.
Im Obergeschoss ließen jeweils drei trauf- und drei giebelseitige Fenster nächst der Südwestecke schmale Aussparungen an den bauzeitlichen Fensterstielen, unmittelbar oberhalb der Brüstungsriegel, erkennen, wonach diese Fenster neue Sohlbänke erhalten hatten, die seitlich eingelassen waren. Davon betroffen war allein die frühere Stube. Somit bestand damals die frühere Raumteilung noch.
Für eine Umgestaltung des Gebäudes wurden auf der Traufseite sechs einheitliche Fensterachsen zwischen Erd- und Obergeschoss geschaffen. Alle Fensteröffnungen mussten dafür neu geschaffen und zum größten Teil an neuer Stelle ins Mauer- und Holzwerk gebrochen werden. Befunde an den Umfassungsmauern im Erdgeschoss ließen die tiefgehenden Eingriffe erkennen, wo lediglich für die neue Fensternische nächst der Südwestecke die Wandung einer bauzeitlichen Wandöffnung einbezogen werden konnte. Im Obergeschoss wurden neun bauzeitliche Fensteröffnungen durch die sechs neuen Fenster ersetzt, die etwas mehr Höhe erhielten und deutlich größere Abständen zueinander hatten. Die dafür notwendigen Veränderungen am Holzwerk erfolgten ohne Rücksicht auf das Fachwerkbild, denn Teil des Umbaus war das Aufbringen eines flächigen Außenputzes, wofür auch die vortretenden Profilierungen und Balkenköpfe abgearbeitet wurden. Auf der Südseite wurden im Erdgeschoss drei neue Öffnungen in regelmäßigen Abständen geschaffen, während im Obergeschoss die fünf vorhandenen Fenster lediglich etwas vergrößert wurden. Auf der Nordseite blieben die fünf regelmäßig gereihten Öffnungen des Erdgeschosses bestehen. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang von Umbau und Ersatz der nördlichen Giebelscheibe. Eine Verbindung zur damaligen Raumteilung im Inneren ließ sich anhand von Baubefunden nicht herstellen. Grundsätzlich hätten jedoch die neu geschaffenen Öffnungen zur bauzeitlichen Grundrissgliederung von Erd- und Obergeschoss gepasst und nur im Erdgeschoss hätte eine Wandachse eine der Fensternischen am Rand überschnitten. Da die Wandöffnungen des Erdgeschosses nicht erkennen ließen, ob es sich jeweils um Fenster oder Türen gehandelt hat, kann bzw. muss auf keine Veränderungen im Inneren geschlossen werden. Die Beibehaltung des Stalls kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Von den traufseitigen Kellerzugängen hatte der nördliche vermutlich einen Außenabgang, während der südliche eine Zugangsöffnung in der westlichen Umfassungswand besessen haben dürfte.
Davon ausgehend, dass die alte Raumteilung unverändert blieb, hätte der verlagerte Haupteingang in der zweiten Querzone von Norden gelegen, also ausgerechnet dort, wo sich Wandnische und Innenwand überschneiden. Dies könnte als Hinweis dafür gewertet werden, dass der Eingang möglicherweise schon damals in die dritte Querzone verschoben worden war, was aber zugleich bedeuten würde, dass der Flur und auch die Treppe von der zweiten in die dritte Querzone umgelagert worden sein müssten. Für die Räume am Nordgiebel in Erd- und Obergeschoss dürfte dies bedeuten, dass ihnen die Fläche des Flurs zugeschlagen worden war, somit eine geräumige Gaststube geschaffen wurde. Im Obergeschoss hätte die Treppe an der Stelle der rückwärtigen Kammer gemündet.
Zu unbekannter Zeit wurde ein interner Kellerzugang geschaffen. Er lag innenseitig vor der rückwärtigen Traufwand, von wo aus man in einen Zwischenraum gelangte, der Zugang zu beiden Kellerräumen bot (Abgang dargestellt im Bauantrag von 1928).
Zu unbekanntem Zeitpunkt wurde das Holzwerk der nördlichen Giebelseite vollständig ersetzt. Im Obergeschoss entstand eine neue Fachwerkwand, die in ihrem Aufbau vom übrigen Fachwerk so stark abwich, dass davon ausgegangen werden kann, dass das Gebäude damals schon einen geschlossenen Außenputz trug. Insofern könnte ein Zusammenhang mit jenem Umbau bestanden haben, der dem Gebäude einen vollflächigen Außenputz gab. Das Giebeldreieck erhielt lediglich eine einfache Bretterschalung. Hierin könnte sich ein Hinweis auf eine Nutzungsveränderung abzeichnen, denn während bei der Errichtung noch die Nordwestecke als Hauptecke galt, war der Nordgiebel nun am schlichtesten ausgeführt. Somit könnte eine Aufgabe der Amtsräume vermutet werden, was der Südwestecke mit der Stube nun größere Bedeutung verlieh und den Nordgiebel zur Rückseite werden ließ.
Ein radikaler Eingriff bedeutete das Herausnehmen aller Innenwände des Obergeschosses und die Schaffung eines einzigen riesigen Saals. Dafür wurde ein neuer, in Längsrichtung gespannter Unterzug eingebracht. Er wurde von Einzelständern mit eisernen Konsolen getragen. Der Saal kann nur als Festsaal eines Gasthauses gedient haben, dessen Wirtsstube im Erdgeschoss lag, vermutlich in der Nordwestecke, wo durch Zusammenlegung von Amtsstube und Flur eine geräumige Gaststube entstanden war.
Ein Baugesuch des Jahres 1928 zeigt zwei Zustände: Die Situation vor dem Umbau als Bestand und die Situation danach als Planung (Stadtbauamt; schwarz: unberührt gebliebener Bestand; gelb: Abbruch; rot: neue Bauteile). Demzufolge lagen Eingangstür und Flur im Erdgeschoss damals in der dritten Querzone der ursprünglichen Gliederung. Nördlich davon lagen Gaststube und Nebenzimmer, südlich an der Rücktraufe eine geräumige Küche und mehrere Schlafzimmer. Das Obergeschoss nahm besagter großer Saal ein, in den sich die Treppe und daneben ein „Buffet“ schoben. Die Planung sah einen rückwärtigen Anbau vor, der die Treppe aufnehmen sollte. Im Erdgeschoss sollten zusätzlich die Treppe in den Keller, ein Abort und eine Veranda, im Obergeschoss zwei Aborte und das Buffet Platz finden, sodass der Saal nun die gesamte Grundfläche des ursprünglichen Gebäudes einnehmen konnte. Soweit es sich am Bestand nachvollziehen ließ, wurde die Planung in dieser Form auch umgesetzt. Innerhalb des Bestands ist eine Abweichung zum Bestand festzustellen, die anhand von Baubefunden als Fehler des Zeichners interpretiert werden muss: Er hat nördlich des Eingangs drei statt zwei Fensteröffnungen dargestellt. Auf dem zugehörigen Lageplan sind Baulinien des Jahres 1905 eingetragen, wonach das untersuchte Gebäude damals zugunsten einer neuen Querstraße mit Namen „Stauffenbergstraße“ mit einer zur Bachstraße hinunterführenden Treppenanlage hätte weichen sollen. Mit der 1928 erteilten Baugenehmigung war diese Planung aber offenbar hinfällig. Die innenseitigen stichbogigen Fensternischen des Erdgeschosses wurden in späterer Zeit in eine korbbogige Form gebracht.
Im angetroffenen Zustand war die Gastronomie zuletzt auf das Erdgeschoss beschränkt, wobei man den Gastraum durch einen kleinen Vorraum betrat. Im Obergeschoss und im ersten Dachgeschoss waren Wohnräume untergebracht. Im südlichen Giebeldreieck waren die Doppelfenster des ersten Dachgeschosses durch Herausnehmen des trennenden Stiels zu jeweils einem großen Fenster zusammengefasst worden.
Mit der neuerlichen Sanierung hat man stark in die Substanz eingegriffen. Nur die Umfassungsmauern des Erdgeschosses und die Kellergewölbe blieben an Ort und Stelle bestehen, während das Holzwerk angesichts des fragmentarischen Zustands des Obergeschosses vollständig abgetragen und in Teilen wieder eingesetzt bzw. aufgerichtet wurde. Die Verfasser hatten auf die Ausführung keinen Einfluss, deren Ergebnis im Folgenden lediglich anhand des abschließend angetroffenen Zustands eine Analyse erfährt.
Im Erdgeschoss blieb die Befensterung von West- und Nordseite bestehen. Lediglich eines der traufseitigen Fenster wurde zugunsten einer Verbreitung des Eingangsbereichs aufgegeben. Das Mauerwerk der nördlichen Hälfte der Ostseite wurde fast komplett abgetragen. Die bescheidene Dekoration am außenseitigen Ansatz der Fensterbögen fiel weg. Gegenüber dem Vorzustand erhielt das Erdgeschoss durch Aufbringen eines umlaufenden Betongurts eine zusätzliche Höhe von ca. 60 cm. Das Innengerüst wurde vollständig neu geschaffen und seine in Querrichtung gespannten Unterzüge verlaufen heute anders herum als die längslaufenden Rähme des Vorzustands. An mehreren Stellen wurde im Wandputz die Mauerstruktur sichtbar belassen, wo teilweise wiederverwendete Werksteine erkennbar sind und an der Rücktraufe liegen Teile von Fenstergewänden frei. An der Rücktraufe entstand anstelle des vormaligen Anbaus ein neuer und vergrößerter, der wiederum die Erschließung aufnimmt. Im Untergeschoss stellt er eine direkte Verbindung zu den Gewölbekellern her, deren Boden für die neue Nutzung abgesenkt wurde. Im südlichen Kellerraum liegt die frühere Abgangstreppe hinter Betonwänden verborgen. Im Obergeschoss sind die Außenwände aus Stahlbeton und Ziegelmauerwerk von der Außenflucht nach innen gerückt, um außen Platz für eine vorgeblendete Fachwerkkonstruktion zu lassen. Unter die Stahlbetondecke sind die alten Deckenbalken montiert, jedoch nicht in der früheren Anordnung, sodass sich die frühere Raumteilung daran nicht mehr ablesen lässt. Das Dachwerk wurde im Wesentlichen in seiner alten Form wieder aufgerichtet.
Das heute sichtbare Fachwerkbild von Obergeschoss und südlichem Giebeldreieck zeigt erhebliche Abweichungen, sowohl vom Vorzustand als auch von der ursprünglichen Form. Dazu haben mehrere Faktoren geführt. Es sei an dieser Stelle betont, dass eine Abstimmung der Planung mit den Ergebnissen der Bauforschung nicht erfolgt bzw. nicht erkennbar ist. Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf Beobachtungen vor Ort.
Im Obergeschoss wurden die früher unterschiedlichen Höhen von Trauf- und Giebelseite einander angeglichen, sodass die Traufwand etwa 20 cm höher geworden ist. Da auf eine Verkämmung der Deckenbalkenköpfe verzichtet wurde, ist der Verband aus Mauerschwelle, Gebälk und Wandschwellen höher ausgefallen als zuvor, wogegen der Verband aus Dachbalken und Wandschwelle auf Traufhöhe aufgrund der nicht nachvollzogenen Profilierung niedriger geworden ist, was sich gegenseitig etwa ausgeglichen hat.
Auf der Südseite wurde im Obergeschoss die Gliederung mit fünf Fensteröffnungen unverändert übernommen, doch haben sie etwa dieselbe Höhe erhalten wie zuletzt. Der Brüstungsriegel kam folglich sehr viel tiefer zu liegen, als im ursprünglichen Zustand, was zu einem niedrigen Brüstungsfeld geführt hat. Entgegen dem Vorzustand wurden dort dennoch V-förmig angeordnete geschwungene Streben eingesetzt, die nun aber extrem flach verlaufen müssen. Zugleich wurde der Brustriegel erheblich nach unten verschoben, was die Proportionen insgesamt verändert hat. An der Traufseite war das Fachwerk des Obergeschosses in der Vergangenheit einer starken Veränderung unterworfen, indem die ursprüngliche Befensterung aus neun Öffnungen durch sechs Fenster in regelmäßiger Reihung ersetzt wurde und im Hinblick auf einen flächigen Außenputz die notwendigen Eingriffe in den Fachwerkaufbau ohne Rücksicht auf ein harmonisches Gesamtbild erfolgt waren. Durch die nun beabsichtigte Sichtbarkeit des Fachwerks entstand eine missliche Situation. Ein sauber nachvollziehbares Fachwerk wäre aus dem Bestand nur durch die Rekonstruktion des ursprünglichen Zustands zu erreichen gewesen, wofür die Rekonstruktionszeichnungen angefertigt worden waren. Doch wurde schließlich an der zuletzt bestehenden, mit den Fenstern des Erdgeschosses gemeinsame Achsen bildenden, Fensterteilung festgehalten. Hätte man den vorgefundenen Aufbau des Fachwerks unverändert übernommen könnten kundige Betrachter zwar noch die anfängliche Gliederung herauslesen, doch das Gesamtbild wäre wenig ansehnlich geworden. Stattdessen wurde unter Zuhilfenahme von Fotografien der offenliegenden Holzkonstruktion ein neues Fachwerkbild geschaffen, das in Teilen dem Vorzustand angenähert ist.
Die an der Traufseite aufgrund der ursprünglichen Fensterteilung mal eng, mal weit stehenden Ständer wurden in ihrer Lage so verschoben, dass sie etwa gleiche Abstände bilden. Die Riegel wurden etwas nach unten verschoben, sodass die Wand in ihrer Höhe in drei etwa gleiche Abschnitte gegliedert ist. An drei Stellen besteht eine dreifache Verriegelung, die gewissermaßen einen Nachklang der anfänglichen Befensterung darstellt, denn die hohen Öffnungen waren beim Umbau einfach mit einem zusätzlichen Riegel geschlossen worden.
Dem ursprünglichen Aufbau des Fachwerks an der Traufseite kommt das Feld ganz rechts mit geschwungener Strebe unten und gerader Strebe oben am nächsten, auch wenn die Höhenlage der Riegel verändert ist. Zwei weitere Felder stimmen in ihrem Aufbau ebenfalls überein, wenn auch nicht in den Proportionen: Jenes Feld mit zwei geschwungenen Streben übereinander ist sehr viel breiter ausgefallen und das Feld mit geschwungenen Streben in V-förmiger Anordnung geht auf eine frühere Fensteröffnung zurück, doch ist es stark verschmälert worden.
Im Fachwerk auf der Nordseite im Obergeschoss wurden Brust- und Kopfriegel nach unten verschoben und kurze Streben in den Brüstungsfeldern der Fenster weggelassen.
Im südlichen Giebeldreieck sind die Fensteröffnungen alle nach oben verschoben worden. Dies hat seinen Grund in veränderten Bodenniveaus im Inneren, hervorgerufen durch das Einbringen von Betondecken mit entsprechenden Fußbodenaufbauten. Damit einhergehend wurden im ersten und zweiten Dachgeschoss Brust- und Kopfriegel höher gelegt und damit alle Proportionen verschoben. Durch das Hochsetzen des obersten Fensters ist vom X-förmigen Ornament in der Spitze kaum noch etwas übrig geblieben. Im ersten Dachgeschoss sind die äußeren Ständer zur Mitte verschoben und in beiden unteren Dachgeschossen sind die unter den Sparren verlaufenden Sprengstreben entfallen, sodass ein weiter Abstand zwischen den Ständern – die vermeintlich die Stuhlrähme tragen – und den Sparren entstanden ist. Insofern spiegelt sich der Aufbau der Dachkonstruktion nur noch eingeschränkt im Giebelfachwerk wider.
Die geschilderten Veränderungen der Proportionen haben dazu geführt, dass die alten Hölzer an kaum einer Stelle noch gepasst haben, weshalb überwiegend neues Holz zum Einsatz kam. Nur so kann die Entstehung der ungewöhnlich über die Streben geschränkten Brustriegel erklärt werden, die am Gebäude zuvor so nicht beobachtet werden konnten und generell im historischen Holzbau nur sehr vereinzelt anzutreffen sind. Das nördliche Giebeldreieck wurde vollflächig verglast und mit Lamellen versehen, so wie kurze Zeit zuvor am neuen Bürgerhaus in Wellendingen ausgeführt.


1. Bauphase:
(1707 - 1708)
Aus dem Dachwerk wurden insgesamt fünf Holzproben entnommen, die alle einheitlich in den Winter 1707/1708 datieren und damit eine Abzimmerung im Jahr 1708(d) nachweisen. Aus dem Gesamtgefüge kann dieses Ergebnis auf die Errichtung des gesamten Gebäudes bezogen werden.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)

2. Bauphase:
(1928)
1928 (a), Baugesuch: Nutzungsänderung des Amtshauses, Einrichtung eines Gasthauses; Einrichtung eines Saales im Obergeschoss (Einzug eines Unterzuges; Wegnahme der Zwischenwände)
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)

3. Bauphase:
(2010)
Voruntersuchung und dendrochronologische Altersbestimmung, zusammen mit Systemgrundrissen des Dachwerks;
Daraufhin wurden im Inneren von Erd-, Ober- und erstem Dachgeschoss alle jüngeren Einbauten herausgenommen.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Erdgeschoss
  • Obergeschoss(e)
  • Dachgeschoss(e)

4. Bauphase:
(2012)
Im Rahmen des Umbaus wurden das gesamte Holzwerk zur teilweisen späteren Wiederverwendung abgetragen und von der verbliebenen Umfassungsmauern des Erdgeschosses der Putz auf der Innenseite und teilweise auf der Außenseite abgeschlagen.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Gasthaus "Harmonie" in 72351 Geislingen (12.01.2016)
Gasthaus "Harmonie" in 72351 Geislingen (12.01.2016)
Gasthaus "Harmonie" in 72351 Geislingen (12.01.2016)
Gasthaus "Harmonie" in 72351 Geislingen (12.01.2016)
Gasthaus "Harmonie" in 72351 Geislingen (12.01.2016)
Gasthaus "Harmonie" in 72351 Geislingen (12.01.2016)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Anmerkungen zur Baugeschichte

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Das auffällig große Gebäude befindet sich etwas abseits des Ortskerns und greift mit der nördlichen
Giebelseite über die Böschung zum Riedbach.
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Stadt
Bauwerkstyp:
  • Wohnbauten
    • Wohnhaus
  • Anlagen für Handel und Wirtschaft
    • Gasthof, -haus
  • Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
    • Amtsgebäude
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Das Gebäude umfasst zwei Vollgeschosse und ein Satteldach auf einer rechteckigen Grundfläche. Mit den Nachbargebäuden bildet es einen westlich gelegenen Hofraum von einer etwa quadratischen Form. Die Haupteingangstür liegt hofseitig. Das Erdgeschoss besitzt gemauerte Umfassungswände, alles Übrige war als Holzgerüstbau mit Fachwerkfüllungen und Zierformen ausgebildet. Die Außenwände waren flächig verputzt. An der östlichen Längsseite befand sich ein Anbau mit querliegendem Satteldach, der die Treppen und einige Nebenräumen aufnahm. Im Untergeschoss liegen zwei gewölbte Kellerräume.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
Im Erdgeschoss waren nur noch 8 der ursprünglich 31 Ständer erhalten und die Wände fehlten komplett. Weitere Informationen zur früheren Raumteilung konnten anhand von Spuren an Deckenbalken und Längsrähm entnommen werden. Anhand der von Alfons Koch zur Verfügung gestellten zeitgenössischen Bauakten war eine weitgehende Identifizierung der ursprünglichen Raumnutzung möglich. Bei den Bauakten handelt es sich um eine „Ausschreibung“ für Handwerker zur Errichtung des Gebäudes mit Angaben zu Maßen und Ausstattungsmerkmalen. Viele der Maßangaben stimmen mit den rekonstruierten Räumen überein, wogegen manche Räume keine Erwähnung gefunden haben oder auffällig von den Angaben abweichen, was sicherlich auf Änderungen kurz vor oder während der Ausführung zurückzuführen ist. Daraus zitierte Angaben sind im Folgenden in "Anführungszeichen" gesetzt.
Der Innenraum war in zwei getrennte und separat erschlossene Bereiche unterteilt: der nördliche Bereich über etwa zwei Drittel der Grundfläche konnte als Amtsbereich und das südliche Drittel als Wohnbereich identifiziert werden. Beide Bereiche wurden über Querflure (Gang) mit Zugangstüren in der Westfassade erschlossen, die der Baubeschreibung nach mit rauhen Steinen gepflastert werden sollten. Dort befanden sich jeweils auch Treppen ins Obergeschoss. In der nördlichen Querzone befand sich vorne an der Westseite die Amtsstube. Die dahinter liegende Küche mit großem Rauchfang sollte mit rauhen Steinen "gepflästert" werden und einen gemauerten Herd erhalten. Da im Rähm zwischen Küche und Stube Anschlüsse für Zwischenständer und Streben fehlen, muss sich hier eine massiv gemauerte Feuerwand befunden haben, in der dann offensichtlich eines von drei bestellten Ofenlöchern aus Sandstein, zur Beschickung eines Kamins in der Stube, saß. In der mittleren Querzone lag hinten an der Ostseite wohl die Magdkammer.
Der vordere Bereich war noch weiter unterteilt, denn hier musste der von unten heraufreichende Kellerhals abgetrennt werden. Der Rest dürften wohl "Ställe mit FuoderCämmerle" gewesen sein. Stube, Magdkammer, aber auch der Stall und die Futterkammer sollten mit "Brittern" belegt werden. Die südliche Querzone ist der einzige Raum, in dem der genannte "gepflästerte Pferdstall" Platz finden könnte, obwohl die Maße nicht ganz mit jenen in der Baubeschreibung übereinstimmen. Den Befunden im Mauerwerk nach zu urteilen muss der Stall über eine Türe in der westlichen Mauer zugänglich gewesen sein. Vom Pferdestall her war noch ein weiterer Raum zugänglich, der vom Querflur abgetrennt war, aber in der Beschreibung nicht erwähnt wird. Es handelte sich wohl um eine weitere Futterkammer.
Im Obergeschoss sind in späterer Zeit alle Innenwände für einen großen Saal gewichen, sodass hier für die Rekonstruktion des Grundrisses wie im Erdgeschoss allein die verbliebenen Spuren an den Deckenbalken zur Verfügung standen und zusätzlich die Anschlüsse der Innenwände an die Außenwände.
Glücklicherweise wurde das im 19. Jahrhundert ausgebaute mittlere Längsrähm teilweise wiederverwendet und konnte anhand der Zapflöcher innerhalb des Grundrisses lokalisiert werden, wodurch eine wichtige Aussage zur Raumnutzung erst möglich wurde. Die Aufteilung unterschied sich deutlich vom Erdgeschoss, denn hier betrug der Anteil des Amtsbereichs nur etwa ein Drittel, während zwei Drittel auf den Wohnteil entfielen. Der nördliche Teil entsprach inklusive Querflur exakt der Raumteilung darunter bis hin zu einer Feuerwand, die allerdings nur die Hälfte der Trennwand einnahm und neben dem aus dem Erdgeschoss heraufgeführten Rauchfang lag. Man kann von einem weiteren, zumindest geplanten Standort für einen Kachelofen ausgehen: von den drei Ofenlöchern sind nur zwei anderweitig zuzuordnen (Amts- und Wohnstube – siehe unten) und neben den beiden als "Hauptcamine" bezeichneten Rauchfängen (Amts- und Wohnküche – siehe unten) sollte noch ein "Vorcamin" erstellt werden, offensichtlich eine Vorrichtung um Rauch in den seitlich vorhandenen, gemauerten Rauchfang bzw. Kaminzug einzuleiten. Somit ist der vordere Raum ebenfalls als (Amts-) Stube anzusprechen, obwohl dafür keine Raumnutzung erwähnt wird. Der Gang sollte mit Blädle (also Ziegelplatten) ausgelegt werden. Von hier aus muss die "nit gar große Laube" erschlossen worden sein, die ebenfalls einen Plattenbelag erhielt. Möglicherweise lag hier der Abort, was die verbindende Türe zwischen Amts- und Wohnbereich an dieser Stelle erklären würde, indem er auch den Bewohnern zur Verfügung stand. Der südliche Bereich entsprach einem klassischen Wohngrundriss mit Küche, Stube und Kammer an einem kurzen Querflur, wobei die Raumgrößen sehr üppig ausfielen. Die Küche war ebenfalls mit einem Herd ausgestattet und verfügte über einen großen Rauchfang. Eine Besonderheit stellte die "Speiscammer" dar, die zusammen mit der Küche mit Ziegelplatten belegt werden sollte. Bei dem verbliebenen Raum, durch den die Laube mit Abort erschlossen wurde, kann es sich nur um die für das Obergeschoss genannte "Fruchtschütte" handeln.
Damit besaß das Gebäude gleich zwei funktional eigenständige Einheiten mit jeweils eigenem Flur, eigener Treppe und eigener Kaminanlage. Verbunden waren beide Bereich nur im Obergeschoss durch die zusätzliche Tür in der Fruchtschütte nahe dem Laubengang mit mutmaßlichem Abort. Die Anordnung der beiden Funktionsbereiche führt zu der Frage, welcher der beiden Schmalseiten denn nun der Vordergiebel war, und damit verbunden die Frage, von wo man sich dem Gebäude genähert hat. Den Abbundzeichen nach zu schließen, war der sich über dem Bach erhebende hochragende Giebel auf der Seite der Amtsräume der Hauptgiebel, doch auf dem Ortsplan von 1726 erfolgte der Zugang zum Hofraum von Südosten.
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
Die Größe und die Sichtfachwerkfassaden mit Zierelementen deuten eine besondere Stellung des 1708 errichteten Gebäudes innerhalb des Ortes an. Nach den Forschungen von Alfons Koch handelt es sich um ein ehemaliges Amtshaus. Obwohl die Innenwände zum allergrößten Teil nicht mehr vorhanden und die Lage und Zahl von Türen und Fenstern völlig verändert waren, konnte die Raumteilung beider Geschosse zur Bauzeit rekonstruiert und ihre Funktion mit Hilfe zeitgenössischer Bauakten angegeben werden. Tatsächlich lässt sich eine Teilung in einen Amts- und Wohnbereich nachvollziehen.
Die etwas abseitige Lage des Gebäudes erklärt sich daraus, dass das Gebäude zusammen mit anderen Gebäuden ein um einen Hofraum gruppiertes Ensemble bildet. 2011 konnte im Rahmen einer kurzen Reihenuntersuchung das südwestlich gelegene Nachbargebäude in Augenschein genommen und dendrochronologisch datiert werden (siehe: Stefan King: Geislingen, Lindenstraße 22, Dendrochronologische Altersbestimmung, April 2011). Es wurde 1691, also 17 Jahre vor dem Bau des Amtshauses, als Wirtschaftsgebäude errichtet. Auch beim Gebäude gegenüber lassen die konkav geknickten Dachflächen erkennen, dass seine heutige Zweigeschossigkeit auf einen Umbau mit Anhebung der Traufen zurückgeht. Somit umfasste es einst ebenfalls nur ein einziges hohes Geschoss und dürfte ebenfalls ein Wirtschaftsgebäude gewesen sein.
Das ganze Ensemble aus Amtshaus und Nebengebäuden um einen Hofraum stellt ein bedeutendes Geschichtszeugnis dar und bildete einst neben dem Schlossgebäude einen zweiten herrschaftlichen Schwerpunkt.
Bestand/Ausstattung:
keine Angaben

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Mischbau
    • Unterbau aus Stein (gestelzt)
  • Gestaltungselemente
    • Zierglieder im Holzbau
  • Dachform
    • Satteldach
  • Steinbau Mauerwerk
    • Bruchstein
    • hammerrechtes Schichtenmauerwerk
  • Holzgerüstbau
    • Hochständergerüst
  • Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
    • Bruchstein/Wacken
  • Dachgerüst Grundsystem
    • Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
    • Sparrendach, q. geb. mit stehendem Stuhl
Konstruktion/Material:
Mauerwerk:
Das Mauerwerk der Umfassungswände im Erdgeschoss setzt sich aus kleinen bis mittelgroßen, hammerrecht zugehauenen, lokal vorkommendem Kalkstein mit wenigen eingestreuten Backsteinen zusammen. Lediglich an den Außenecken wurden größere Sandsteinquader verwendet. Die Sturz- bzw. Segmentbögen sind dagegen ausnahmslos aus Backsteinen gefertigt. Spätere Veränderungen zeichnen sich deutlich durch unregelmäßigeres Mischmauerwerk mit hohem Backsteinanteil aus. An manchen Stellen kam reines Backsteinmauerwerk zum Einsatz.
Durch das Abnehmen des Putzes ließen sich die Veränderungen an den Maueröffnungen gut fassen. Die Überlagerung von verschiedenen Öffnungen erlaubte außerdem an mehreren Stellen eine relative Chronologie. Es fällt auf, dass die Ostseite mit 87 cm wesentlich schmaler ist als die restlichen Mauern mit knapp 1 m Stärke. Zwar gibt es einige Öffnungen, die in der heutigen Situation wenig Sinn ergeben, aufgrund der Regelmäßigkeit der Mauerstärken ist jedoch nicht davon auszugehen, dass ältere Mauerstrukturen mit in den Neubau einbezogen wurden.
Fast alle Öffnungen der Außenwände wurden im Laufe der Zeit völlig verändert, teilweise sogar mehrfach. Eine Ausnahme sind die fünf gereihten Fensteröffnungen der nördlichen Giebelseite, die noch auf die Bauzeit zurückgehen. Leider konnte die Beschaffenheit der außenliegenden Gewände nicht untersucht werden, da hier der extrem dicke Zementputz auch während der Bauarbeiten nicht abgenommen wurde. Drei Fensteröffnungen in der südlichen Hälfte der rückwärtigen Traufseite besitzen werksteinerne Gewände, die der Form und Herstellung nach im Laufe des 17. Jahrhunderts entstanden sein dürften, hier aber erst bei einem späteren Umbau zweitverwendet wurden.
Vor allem an der Ostseite, aber auch im Süden gab es auf der Innenseite einige hochliegende, quadratische Wandnischen mit einer Seitenlänge von ca. 70 cm. Auf der Außenseite der östlichen Mauer haben sich bei zwei der Nischen Reste von ovalen Öffnungen erhalten, die aus waagrecht versetzten Backsteinen gebildet wurden und von einem Sturzbogen direkt unterhalb der Mauerschwelle überfangen waren. An dem südlichen bauzeitlichen Hauptzugang in der Westfassade fand sich in der noch erhaltenen nördlichen Leibung der Ansatz für einen Stichbogen auf etwa 1,9 m Höhe, wobei sich oberhalb die Fortsetzung der Putzkante fand und erst an einem Sturzbogen knapp unterhalb der Deckenbalken endete. Es scheint, als ob die Türnische durch einen nicht ganz 20 cm breiten Stichbogen unterteilt war. Möglicherweise saßen hier kleine runde oder ovale Öffnungen.

Holzwerk:
Die erdgeschossigen Innenwände, das Obergeschoss und das Dachwerk waren als Holzständergerüst mit Fachwerkfüllungen in den Wandachsen aufgebaut. Es wurde aus Nadelholz abgezimmert.
Ob für die Schwellen der Innenwände des Erdgeschosses Eichenholz Verwendung gefunden hat, konnte nicht mehr festgestellt werden. Die Gefache waren mit Bruchsteinmauerwerk gefüllt.
Im Obergeschoss lagen jeweils die Mauerschwellen und auch die Wandschwellen von Trauf- und Giebelseite auf gleicher Höhe, sodass deren Außenflächen auf Gehrung gestoßen waren. In deren Zwischenraum befand sich das Deckengebälk mit Stichbalken an der Schmalseite. Der Dielenbelag und zwei Blocktreppen in den Dachgeschossen gingen größtenteils noch auf die Bauzeit zurück. Um die früheren Treppenlöcher herum waren die Stirnflächen der Dielen mit Zierkerben versehen, ebenso die seitlichen Kanten der Blockstufen.
Das Dachwerk wurde als Sparrendach mit einem liegenden Stuhl und stehender Mittellängsachse im ersten Dachgeschoss und einem zweifach stehenden Stuhl im zweiten Dachgeschoss abgezimmert. Der liegende Stuhl stand auf Schwellen, die Kopfstreben im Querbund waren verzapft und unten mit Versatz an die Sprengstreben angeschlossen und die Längsaussteifung bestand aus Feldstreben mit doppelter Verriegelung. Erst nachträglich wurden in den stehenden Stuhlachsen beider Dachgeschosse zusätzliche Kopfstreben in Längsrichtung angebracht.
Ungeachtet der Raumgliederung im Obergeschoss waren die Bundseiten aller Haupt- und Zwischengespärre des Dachwerks einheitlich nach Norden gerichtet. Die Abbundzeichen des ersten
Dachgeschosses besaßen zwei und die des zweiten drei Stockwerkskerben. Da die Zählung in aller Regel damit beginnt, dass kein Stockwerkszeichen vergeben wird, lässt dies darauf schließen, dass das erdgeschossige Innengerüst, das Obergeschoss und das Dachwerk als zusammenhängender Abbund entstanden sind. An West- und Südseite war ein ausgesprochenes Sichtfachwerk mit verschiedenen Zierformen ausgebildet. Im Obergeschoss bestand hier eine sehr regelmäßige Verteilung von großen Fensteröffnungen gleicher Form, deren Brüstungs- und Sturzriegel gegenüber der übrigen Verriegelung nach unten bzw. oben verrückt waren. Da weder Fälze vorhanden noch Abarbeitungsspuren zu finden waren, ist davon auszugehen, dass sie mit aufgenagelten Brettverwahrungen gefasst waren. Auch die kleinen Fensteröffnungen im Giebeldreieck lassen Außenfälze vermissen, sodass auch hier Bretterverwahrungen vermutet werden müssen.
Im Obergeschoss gab es als Aussteifungshölzer fast ausschließlich s-förmig geschwungene, kurze Streben, die in den Fensterbrüstungen v-förmig gepaart und in den Wandfeldern vereinzelt, aber in symmetrischer Verteilung,angeordnet waren, sowie kurze Streben, die vom Brustriegel zum Rähm aufstiegen. Lediglich an der westlichen Längsseite gab es Unregelmäßigkeiten im Fachwerkbild, wo ein breites Wandfeld eine geschosshohe Strebe aufnahm und im besonders schmalen Feld daneben – wie zum Ausgleich – S-förmige Streben übereinander eingesetzt waren. Nördlich davon war die Fensterreihung dichter gedrängt als südlich. Damit hatte man auf Zwänge aus der Raumauteilung im Inneren reagiert. Ansonsten hatte man ungeachtet der Raumfunktion Fensteröffnungen von gleicher Größe ausgeführt, die Fensterreihung und Innenaufteilung aufeinander abgestimmt und an mehreren Stellen in Kauf genommen, dass Fensteröffnungen bündig an Innenwänden zu liegen kamen. Dadurch erreichte man – ganz dem Idealbild der Barockzeit verpflichtet – das Fassadenbild unabhängig von Raumeinteilung und Raumnutzungen zu halten.
Im Giebeldreieck kamen weitere Zierformen in Form von genasten s-förmigen Streben, kreisbogenförmigen Streben und einem geschwungenen und genasten Andreaskeuz ganz in der
Giebelspitze zur Ausführung. Die Dach- bzw. Kehlbalken oberhalb vom Obergeschoss, erstem
und zweitem Dachgeschoss und die aufliegenden Wandschwellen besaßen eine vortretende Profilierung mit einer dichten Kerbenfolge an der Unterseite. Da die Stuhlrähme in die Giebelständer einzapften, um außen sichtbare Balkenköpfe zu vermeiden und im ersten und zweiten Dachgeschoss zusätzliche Streben direkt unter den Sparren platziert waren, ist zu vermuten, dass die Profilierung auf den Sparren weitergeführt war und an den Rähmen auf Gehrung um die Ecke lief.
Der Nordgiebel war in späterer Zeit insgesamt erneuert worden, im Obergeschoss mit einem einfachen Fachwerk und im Dach mit einer Bretterschalung geschlossen. Anschlüsse, die eine Rekonstruktion des ursprünglichen Zustands erlaubt hätten, waren nicht mehr vorhanden. Lediglich Zapfenlöcher für nach innen gerichtete Streben konnten stehende Ständer im Giebeldreieck nachweisen. Da die bestehenden fünf Fensterachsen bereits im Erdgeschoss angelegt sind und der Südwand entsprachen, darf angenommen werden, dass das Obergeschoss schon ursprünglich fünf Fenster besaß. Dass der Nordgiebel in seiner Bedeutung vor dem Südgiebel stand, lässt die üppige und regelmäßige Befensterung des Erdgeschosses bereits vermuten. Eine Bestätigung dafür lässt sich auch mit Hilfe der Abbundzeichen gewinnen, deren Bezugsachsenschnittpunkt am Beginn der Zählung an der Nordwestecke liegt, also der Ecke zwischen der Westtraufe zum Hofraum und dem zum Bach gerichteten Nordgiebel. Demzufolge müsste der Nordgiebel eine der beiden Hauptansichtsseiten des Gebäudes gewesen sein, sodass er ebenfalls ein Zierfachwerk besessen haben dürfte und dem Südgiebel sicherlich nicht nachstand. Die rückwärtige, östliche Traufseite weist einen vom Übrigen abweichenden Aufbau auf. Als Rückseite waren hier die Ansprüche an die Gestaltung geringer, aber dennoch folgte ihr Aufbau nicht nur konstruktiven Gesichtspunkten, denn zumindest eine Fensteröffnung besaß v-förmig angeordnete geschwungene Streben im Brüstungsfeld. Gleich daneben befand sich eine Türöffnung, die auf eine kleine Laube führte, wie den Bauakten zu entnehmen ist. Sicherlich befand sich hier auch ein außenliegender Abort.

Keller
Das Untergeschoss umfasst zwei Gewölbekeller im nördlichen Drittel der Grundfläche. Es handelt sich um schmale, in Querrichtung liegende Räume mit Tonnenwölbung. Ihre Zugänge lagen einst an der westlichen, hofseitigen Traufseite. Der nördliche Raum besitzt drei kleine Fensteröffnungen innerhalb der nördlichen Schmalseite und besaß noch eine weitere in der Ostwand. Hier fand sich in der Westwand noch ein Türgewände auf Bodenniveau, wonach man entweder über einen außenliegenden Abgang oder direkt auf tieferem Niveau vom Bach hierher gelangte. Im südlichen Kellerraum waren noch Reste des Treppenabgangs erhalten, der auf Hofniveau mündete. Ein Verteilerraum, der leicht erhöht zwischen den beiden Kellern lag und zuletzt Zugang bot, ist vermutlich erst später entstanden, als man einen zusätzlichen innenliegenden Zugang wünschte oder dieser die Außenzugänge ersetzt hat.
Das Ostfenster des nördlichen Kellerraums bot einen seltsamen Befund, denn es besaß nach innen versetzt ein zweites Fenstergewände, das augenscheinlich ein sehr viel höheres Alter aufwies. Es machte den Anschein, als ginge es auf einen Vorgängerbau zurück und man hätte bei der Errichtung des heutigen Gebäudes ein zusätzliches Gewände in der Wandflucht davor gesetzt. Leider war die Situation sehr beengt und nicht ausreichend einsehbar, um zu einer gesicherten Aussage zu gelangen.

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