Ev. Stadtkirche
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
Objektdaten
Straße: | Niklastorstraße |
Hausnummer: | 5 |
Postleitzahl: | 71672 |
Stadt-Teilort: | Marbach am Neckar |
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Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Ludwigsburg (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8118049003 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Fassadenabwicklung (71672 Marbach am Neckar, Marktstraße und Wildermuthstraße)
Wasserkraftwerk Marbach mit Pegelstandshaus (71672 Marbach am Neckar, Mühlweg 21)
Ölmühle Jäger (71672 Marbach am Neckar, Obere Holdergasse 2)
Ehem. Schloss (71672 Marbach, Marktstraße)
Bauphasen
Das Langhaus und der Chor der Stadtkirche sind in der einsehbaren Bausubstanz absolut homogen und bilden eine sehr kompakte Bauphase um 1500, die spätestens 1515 mit den Heiligenfiguren an den Chorstrebepfeilern abgeschlossen ist. Nach dem Standbrand von 1311 wird im Jahr 1315 die Marienkapelle archivalisch erwähnt, so dass eine Vorgängerbebauung denkbar ist. Die in den Chor integrierte Sakristei scheint substantiell älter und legt die Vermutung nahe, dass es sich bei ihr um einen Teil der älteren Marienkapelle handelt.
Bei der Zerstörung Marbachs durch die Franzosen im Pfälzer Erbfolgekrieg 1693 brannte auch die Stadtkirche bis auf die Außenmauern ab. Dabei wurden die Gewölbe stark beschädigt, während die Fenster und Türgewände weniger Schaden davontrugen. 1693 erfolgte der Wiederaufbau der Kirche unter dem Hofbaumeister Matthias Weiß. 1698 erhielt die Kirche im Bereich des Chores einen neuen Dachreiter, der 1833 so baufällig war, dass er vermutlich 1834 neu errichtet werden musste. 1966 erfolgte eine Reihe von Umbauten, die sich auf den Einbau des Chorgewölbes, des Chorbogens und den Abbruch der Empore mit dessen Neubau bezogen. Ab den 1990er Jahren bis 2017 wurde die Stadtkirche umfangreich saniert.
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- Dachform
- Dachturm
(1315 - 1500)
An dieser Stelle soll der Blick auf die nördlich an den Chor anschließende Sakristei gelenkt werden. Der Chor hat nach Norden hin keine Strebepfeiler und keine erkennbaren ehemaligen Fenster. Dies legt den Schluss nahe, dass entweder bereits bauzeitlich um 1500 nördlich am Chor ein Anbau vorgesehen war oder aber, dass sich dort um 1500 bereits ein Baukörper befand, der in den Neubau integriert werden sollte.
Der Baukörper der Sakristei ist annähernd so hoch wie das heutige Chorgewölbe. Der Raum ist mit einem Kreuzrippengewölbe überfangen, das erheblich mehr Abnutzungsspuren als das Chorgewölbe von 1966 zeigt. Die Nordwand der Sakristei schließt bündig an die Langhausnordwand an. Nach etwa 4,5 m knickt die Wand um etwa 15° nach Süden ab und endet recht unharmonisch am nördlichsten Chorstrebepfeiler. Bei einem Neubau der Sakristei mit oder nach der Bauphase um 1500 wäre hier völlig problemlos ein bündiger Anschluss an den Chorpfeiler möglich und erstrebenswert gewesen. Dies ist bereits ein erstes Indiz für die Integration eines bestehenden Baukörpers in den Neubau. Zudem sind die hohen spitzbogigen Fenster der Sakristei eher grob gearbeitet und nur abgefast. Nach den mehrfach profilierten Fenstern von Langhaus und Chor erscheint eine solche Gestaltung für das fortgeschrittene 16. Jahrhundert kaum vorstellbar. Auch dies spricht dafür, dass die Sakristei substantiell älter als der Chor ist. Es steht zumindest die Vermutung im Raum, dass es sich bei der Sakristei um einen Teil der älteren Marienkapelle handeln könnte. Die spitzbogigen Fenster deuten nicht bereits auf die Datierung 1315 hin, etwa um 1400 scheint passender. Ohne das nicht mehr vorhandene Maßwerk wird eine genauere Datierung nur schwer möglich sein. Der Knick von 15° in der Nordwand wurde den aktuellen Plänen entnommen und nicht überprüft. Er passt nicht für einen geordneten Chorabschluss dieses Kapellenfragments. Es scheint eher so, als ob der Chorabschluss flexibel an die topografische Situation und den Straßenverlauf angepasst worden war.
Die Fenster der Sakristei wurden nachträglich verkleinert und in der unteren Hälfte jeweils durch gekuppelte rechteckige Fenster ersetzt. Die rechteckigen Fenster möchten naheliegender Weise der Wiederaufbauphase 1697 zugeordnet werden. Allerdings sind im Baukostenvoranschlag von 1697 nur zwei Fenster in der Sakristei aufgeführt. Dem Preis nach handelte es sich dabei nicht um große Fenster. Dies deutet darauf hin, dass die vier rechteckigen Fenster in einer Zwischenbauphase zwischen 1515 und 1693 eingebaut wurden. Beim Wiederaufbau 1697 wurden dann zwei der Fenster vermauert und die beiden anderen verglast. Zudem wurde eine Tür vom Chor in die Sakristei eingebaut. Die heutige Abtrennung der Sakristei und der Chorbogen vom Chor zum nördlichen Kapellenraum datieren dagegen auf den Umbau 1966.
- Erdgeschoss
- Siedlung
- Stadt
- Sakralbauten
- Kapelle, allgemein
(1490 - 1515)
Das Langhaus dieses Kirchenbaus war als einschiffige Wandpfeilerkirche erbaut. Die hohen Wandpfeilernischen waren jeweils gewölbt. Ob auch das Schiff gewölbt war, lässt sich nicht mehr feststellen. Das westlichste Fenster auf der Süd- und Nordseite des Langhauses setzt höher an. Dies deutet auf eine bauzeitliche Empore in der westlichsten Querzone hin.
Die Kirche der Bauphase um 1500 hatte einen Turm. Er ist auf allen Abbildungen des 17. Jahrhunderts zu sehen. Allerdings ist die Kirche selbst auf den Abbildungen nicht deutlich zu erkennen. Daher ist unklar, wo sich der Turm genau befand. Bei Kieser sieht es eher nach einem Dachreiter über dem Chor aus, bei Kleinsträttel nach einem Turm über der westlichsten Zone des Langhauses. In der Abbildung bei Sattler, die 1784 veröffentlicht wurde, aber auf eine Zeichnung aus dem 17. Jahrhundert zurückgeht, sieht es so aus, als stünde der Turm frei vor der Nordwestecke des Langhauses.
Eine Klärung könnte hier möglicherweise ein Detail liefern: An der Nordwestecke hat das Langhaus einen Strebepfeiler. Er bindet in das Mauerwerk des Langhauses ein. Auf der Südseite des Langhauses gibt es dagegen einen Eckverband, also eindeutig keinen bauzeitlichen Strebepfeiler. Auch das Sockel- und Kaffgesims zeigen sonst am ganzen Langhaus keinerlei Störungen, die auf ehemalige Strebepfeiler hindeuten würden. Lediglich im Bereich östlich der UG-Tür zeigt sich am dortigen Versprung des Sockelgesimses eine leichte Störung. Hier wäre ein weiterer Strebepfeiler möglich gewesen. Der oder die Strebepfeiler sind für die Einwölbungen im Langhaus nicht erforderlich gewesen, weil es ja Wandpfeiler im Innern des Langhauses gab. Sie könnten aber sinnvoll gewesen sein, um das zusätzliche Gewicht eines Turms in der westlichen Querzone abzustützen. Ob es sich dabei aber um einen Dachreiter oder einen mittig oder seitlich stehenden massiven Westturm handelte, muss offenbleiben.
Am Langhaus der Bauphase um 1500 wurden zahlreiche Steinmetzzeichen an Fenstergewänden und Türgewänden beobachtet. Einige der Zeichen wurden sowohl auf Türgewänden als auch auf Fenstergewänden beobachtet, was die gleichzeitige Datierung von Fenstern und Türen bestätigt.
Die Steinmetzzeichen zeigen untereinander eine große Ähnlichkeit. Es handelt sich in allen Fällen um Varianten eines Kreuzes. Dies legt nahe, dass es sich um Steinmetze einer Familie handelt oder zumindest um Steinmetze, die aus demselben Lehrbetrieb kommen.
Steinmetzzeichen mit einem abgewandelten Kreuz finden sich häufiger im Umfeld der Wiener und Regensburger Bauhütte. Bekannteste Beispiele dafür sind Matthäus Roritzer und Anton Pilgram. Eine Verbindung in den bayrischen oder österreichischen Raum erscheint auch deshalb naheliegend, weil die für das Langhaus verwendete Bauform der Wandpfeilerkirche aus diesem Raum stammt.
Steinmetzen dieser Gruppe sind schon vor dem Bau der neuen Marienkirche in Marbach tätig. An der Alexanderkirche hat der Steinmetz, der im Wesentlichen ab 1481 den Turm erbaut hat, ein Steinmetzzeichen dieser Art. Weitere damit eng verwandte Zeichen finden sich an den dortigen Sakristeifenstern und am Langhausgewölbe. Insbesondere findet sich das Polierwappen am Langhausgewölbe der Alexanderkirche als Steinmetzzeichen an der Stadtkirche wieder. Damit deutet sich an, dass die Gruppe um 1480 nach Marbach kam und nach der Fertigstellung der Alexanderkirche den Bau der Stadtkirche übernahm.
Verwandte dieser Steinmetzgruppe scheinen noch länger in Marbach tätig gewesen zu sein. Auch am Portal des Wendeltreppenturms der Stadtkirche von 1602 ist noch ein Steinmetzzeichen dieser Kreuzgruppe angebracht.
Vom selben Steinmetz findet sich in der mittleren Holdergasse ein weiteres Portal, das auf 1603 datiert.
- Erdgeschoss
- Untergeschoss(e)
- Siedlung
- Stadt
- Sakralbauten
- Kirche, allgemein
(1697)
Der Wiederaufbau der Kirche erfolgte ab 1697 weitgehend nach dem Baukostenüberschlag des württembergischen Hofbaumeisters Matthias Weiß. Das Nadelholz für den Wiederaufbau war bereits im Winter 1695/ 96 geschlagen worden. Wo das Holz seitdem zwischengelagert war, ist nicht bekannt.
- Erdgeschoss
- Dachgeschoss(e)
- Siedlung
- Stadt
- Sakralbauten
- Pfarrkirche
(1834)
- Dachgeschoss(e)
- Dachform
- Dachturm
(1966)
Einbau Chorgewölbe und neuer Chorbogen, Einbau Chorbogen zwischen Chor und nördlicher Kapelle,
Abbruch Empore und Bau einer neuen Empore.
- Erdgeschoss
- Ausstattung
(1990 - 2017)
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Untersuchung
- Schadenskartierung und Maßnahmenkonzept Fassade
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Sakralbauten
- Kirche, allgemein
Zonierung:
Das dreigeschossige Langhausdach ist als liegender Stuhl mit dreifachem Hängewerk ausgebildet. Es ist in drei Längszonen und fünf Querzonen gegliedert. Das einschiffige und zweigeschossige Chordach besteht aus Querzonen, wobei die östliche Querzone mit einem 3/8- Vollwalm abschließt.
Auf dem Chordach sitzt ein Dachreiter mit einem einfachen Sprengwerk im 1.DG, zwei rechteckigen Fachwerkobergeschossen und einem Oktogon als Glockengeschoss auf. Der Dachreiter hat eine Welsche Haube mit einer aufgesetzten Laterne.
Konstruktionen
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
- Gewölbe
- Netzgewölbe
- Dachform
- Dachturm
- Dachgerüst, verstärkende Einbauten
- Hängebund, doppelt/mehrfach
- Sprengwerk
- Decken
- Putzdecke auf Holzlatten